Auf Kahlflächen entwickelt sich meist, sogar schon im ersten Jahr, eine üppige Vegetation. Das hat zwei Gründe: erstens werden Nährstoffe mobilisiert, die sich in der Streuauflage angesammelt haben, außerdem lauern im Waldboden schon Samen, die nur darauf gewartet haben, dass sie endlich günstige Bedingungen vorfinden und durchstarten können. Außerdem ist es eine sehr gute Chance für in der Luft herumschwirrende Samen, ein Keimbett zu finden, das nicht schon besetzt ist. Weidenröschen und Himbeere sind so typische Schlagpflanzen, die auch für das Wild besonders attraktiv sind, aber auch diverse, für das Schalenwild weniger attraktive Gräser wie Reitgräser.
Kulturpflege
Weidenröschen und Gräser sind oft die dominante Schlagvegetation: Die Schlagvegetation behindert meist die gesetzten Bäume. Das Freimachen der Bäume nennt man Kulturpflege. Falls man nur Nadelholz gesetzt hat, kann man das Unkraut chemisch bekämpfen, solange die Knospen der Nadelbäume geschlossen sind. Diese Methode ist sehr effektiv und auch relativ kostengünstig. Die Wildäsung geht allerdings verloren und als Äsung bleiben nur mehr die Nadelbäume übrig – speziell im Folgefrühjahr, wenn die Nadelbäume austreiben, aber die Begleitvegetation nicht. Falls es dort Wild gibt, ist ein Wildschaden vorprogrammiert. Mechanisches Ausschneiden der Bäume oder „Austreten“ der unmittelbar bedrängenden Vegetation ist hinsichtlich Wildschäden viel besser. Bald wird sich auf den Schlagflächen auch eine Strauchvegetation entwickeln – speziell Holunder, Vogelbeere und Weiden sind meist gleich da. Diese Sträucher sollen nicht radikal bekämpft werden. Ideal wäre nur ein Umknicken, die dann frischen Triebe bieten eine gute Äsungsmöglichkeit und eine Möglichkeit zum Fegen bleibt auch bestehen.
Dickungspflege
Als Dickung wird ein heranwachsender Bestand nach dem Eintritt des Bestandesschlusses bezeichnet. In dieser Phase berühren oder überlappen sich die Zweige der Bäume und bilden ein geschlossenes Kronendach. Eine der wichtigsten Maßnahmen hier – speziell bei Laubholz – ist der „Protzenaushieb“. Besonders dominante und schlechtwüchsige Bäume sollen entfernt werden. Oft wird im Dickungsstadium die Stammzahl reduziert. Das ist eine forstlich sehr wichtige Maßnahme; sie wird Läuterung genannt. Dadurch werden stabile Bestände begründet und man spart sich so später teure Durchforstungen.
Es ist eine sehr gute Chance für die Mischwuchsregelung. Noch immer gibt es Forstbetriebe, die außer Fichte alles wegschneiden und so dem Wild gute Äsungs- und Ablenkungsmöglichkeiten von den Wirtschaftsbaumarten entziehen. Wichtig ist hier, nicht zu radikal vorzugehen. Unterständige Büsche und Bäume sollen weiterwachsen dürfen. Man kann sich dadurch Arbeit sparen und Möglichkeiten zum Äsen, Schälen und Fegen bleiben erhalten. Ein Nebeneffekt der Läuterung kann auch sein, dass das Wild die frisch geläuterten Bestände längere Zeit meidet. Einerseits weil sie sehr licht geworden sind und damit das Sicherheitsgefühl verloren geht, andererseits behindern die kreuz und quer herumliegenden Bäume die Fortbewegungsmöglichkeit.
Durchforstung
Die Dickungsphase endet, sobald die natürliche Astreinigung der Bestände einsetzt. Die nächste Entwicklungsstufe ist das Stangenholz. Hier wird durchforstet. Bäume, die unerwünscht sind oder zu dicht stehen, werden umgeschnitten. Bei der klassischen Auslesedurchforstung werden zuerst Zielbäume ausgesucht sowie markiert und dann deren Bedränger geschlägert. Ziel ist, dass sich der Zuwachs auf wenige gute stabile Bäume konzentriert. Entscheidend für die Stabilität des Einzelbaumes ist das H/D-Verhältnis, dies gilt vor allem für Nadelbäume. Es soll 80 oder da-runter sein. Ein Rechenbeispiel: Wäre ein Baum 20 m hoch und hätte einen Durchmesser von 20 cm, würde der H/D-Wert 100 betragen und der Baum wäre durch Wind und vor allem auch Schnee sehr gefährdet. Wäre er aber 20 m hoch und 25 cm dick, so wäre sein H/D Wert 80.
Modern ist es, sehr radikal zu durchforsten. Das schafft stabile Bestände und bringt auch Licht und dadurch wieder Äsung auf den Waldboden. Allerdings haben die verbliebenen Bäume forstlich höchste Bedeutung. Wird dann geschält, waren alle Maßnahmen „umsonst“ und ein massiver Schaden entsteht. Gar nicht so selten wird noch immer nur sehr zögerlich durchforstet. Nur bereits abgestorbene oder sehr unterwüchsige Bäume werden entfernt. Im Försterdeutsch heißt das „Leichenbestattung“. Es wird dann kaum Licht auf den Waldboden kommen und sich daher auch keine Bodenvegetation bilden. Die dichten Bestände sind aber beim Rotwild sehr beliebt, weil sie viel Sicherheit bieten. Kommt es in solchen Beständen zu Schälschäden, sind oft unterständige Bäume betroffen, die im Zuge einer späteren Durchforstung ohnehin entnommen werden würden.
Forststraßen und Rückewege
Eine Grundvoraussetzung für waldbauliche Maßnahmen und Chance für die Jagd ist, dass man überhaupt zu den Waldorten hinkommt. Dazu braucht es Forststraßen (Lkw und Pkw befahrbar) und Rückewege (Maschinen befahrbar). Je besser die Erschließung eines Waldes ist, desto naturnäher und kleinflächiger kann man Waldbau betreiben.
Mit den Forststraßen kommt auch mehr Licht in den Wald (Waldränder) und entlang der Ränder und Böschungen entstehen oft Äsungs- und Fegemöglichkeiten. Für Hühnervögel bieten die unmittelbar an die Forststraßen angrenzenden Flächen auch oft gute Lebensräume, Möglichkeiten zum Hudern, Steine aufnehmen und Äsen. Sie wirken aber auch wie „ökologische Fallen“. Raufußhühner werden aufgrund der günstigen Lebensmöglichkeiten zu den Forststraßen gelockt, gleichzeitig sind sie aber für Habicht und Adler auch ideale Jagdschneisen. Auch dem Jäger bieten sie die eine oder andere Jagdchance und speziell die Rückewege oft gute Möglichkeiten zum Pirschen.
Mit der forstlichen Erschließung kommt aber leider meist auch die Unruhe in den Wald, weil Wanderer, Radfahrer und andere Sportler die Möglichkeit, sich dort zu bewegen, gerne nutzen. Letzte, oft bisher noch ungestörte Wildlebensräume gehen dadurch verloren. Aber das ist ein anderes Kapitel.
Schutzmaßnahmen gegen Wildschäden
Häufig werden Aufforstungen immer noch automatisch eingezäunt, um Wildschäden zu verhindern. Der Kulturschutzzaun sollte aber eine absolute Notlösung sein – speziell für Bestandesumwandlungsflächen oder für seltene Extremsituationen. Man nimmt dadurch dem Wild besonders günstige Äsungsflächen und den Jägern leichte Bejagungsmöglichkeiten. Auch sind Kulturschutzzäune auf Dauer nur sehr schwer wildfrei zu halten und bedürfen einer ständigen Wartung, die gar nicht so selten vergessen wird und dann war die ganze Mühe umsonst.
Aber wer ist jetzt wirklich schuld an den Wildschäden – der Förster oder der Jäger? Nun, ich lehne vorschnelle Schuldzuweisungen prinzipiell ab. Am besten ist es meistens, „man kehrt vor der eigenen Tür“. Eines steht aber fest: An Wildschäden ist immer der Mensch schuld, sei es der Förster oder der Jäger. Wenn der Mensch nicht hineinpfuschen würde, würden Wald und Wild in großer Harmonie miteinander existieren, ohne sich dauerhaft zu schädigen.