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Grün wie der Wald: moderner Stadler-Holz-Lkw © Holzlogistik Stadler GesmbH & Co KG

Holzlogistik Stadler GesmbH & Co KG

"Holzlogistik grenzt derzeit an Zauberei"

Ein Artikel von Robert Spannlang | 04.08.2020 - 11:59

Seit genau 100 Jahren sind die Stadlers im Almtal eine Fixgröße im Transportgewerbe. Heute zählen sie stattliche 40 Lkw und 50 Mitarbeiter.

Wie begehen Sie den runden Jubiläumstag?
Ich mache mir nicht viel aus Jubiläen! Dies hier ist auch das erste Interview, das ich gebe. Mir ist einfach wichtig, dass das Unternehmen läuft. Ich habe am Beginn meiner Laufbahn ein Transport-Unternehmen übernommen und ein Logistik-Unternehmen daraus gemacht.

Was bedeutet das konkret?
Früher hat man einfach Holz von A nach B transportiert. Als Logistikunternehmen bin ich gefordert, das richtige Holz mit der richtigen Qualität zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort zu transportieren.

Die Dienstleistung abseits des Transports ist heute also noch wichtiger geworden? Genau! Der Transport selbst ist teilweise heute schon Nebensache.

Was ist denn das Geheimnis Ihres Erfolges?
Das sind zweifellos meine Mitarbeiter – motivierte, unternehmerisch denkende Mitarbeiter. Wir sind ein familiär geführtes Unternehmen und unsere Mitarbeiter haben einen hohen Identifizierungsgrad.

Sie sind ja auch durch Übernahmen von Mitbewerbern gewachsen. Stimmt das?
Ich habe mich relativ früh spezialisiert auf Holztransport und bald danach auf Holzlogistik. Wir hatten Mitbewerber in der Region, die versucht haben, den Holztransport nebenbei zu machen – mit Kipper und Holzwagen parallel. Das funktioniert auf Dauer nicht. Da wir uns im Marktumfeld immer kollegial und fair verhalten haben, sind wir bald gefragt worden, ob wir diese Holzwagen oder ganze Unternehmen übernehmen wollen – und zwar oft komplett mit Fahrzeugen, Mitarbeitern und dem Kundenstamm. Durch gelungene Integration wiederholte sich das öfter.

Spüren Sie als Holzlogistiker die Krise vieler Waldbesitzer auch in Ihrem eigenen Unternehmen?
Wir bedienen zwar den Forst und haben uns durch Verlässlichkeit und Kompetenz dort viel Vertrauen erworben. Aber unsere eigentlichen Auftraggeber sind die Industrien, die Verarbeiter. Die kaufen ab Straße. Wir haben aktuell die Herausforderung, dass wir einerseits an manchen Waldstandorten Klein- und Kleinstmengen an Holz abzutransportieren haben. Und andererseits kommen noch lange Wartezeiten in den Werken dazu. Das sind Stunden, die uns niemand bezahlt. Ich glaube mittlerweile, dass wir die Schad- und Käferholzsituation mit marktwirtschaftlichen Mechanismen alleine nicht mehr lösen können. Es braucht übergeordnete Lösungen aus der Politik.

Wie könnte das konkret aussehen?
Voriges Jahr hat man für Holz, das die Industriebetriebe nicht zur Gänze abgenommen haben, Lager errichtet. Sowohl die Lagerung als auch der Transport dorthin wurden vom Land gefördert. Das finde ich sehr sinnvoll. Denn das befallene Fichtenholz – auch Kleinstmengen – muss sofort aus dem Wald transportiert werden, die anfallenden Mehrkosten können sich Waldbesitzer aber oft nicht leisten. Wenn hier nicht rasch gehandelt wird, sind die Folgen für alle verheerend. Da muss die Politik unterstützen.

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Vom Transport zur Logistik: Wilhelm Stadler © Holzlogistik Stadler GesmbH & Co KG

Sie haben schon erwähnt, dass Lkw-Fahrten im Wald eine ganz besondere Herausforderung an Fahrer und Fahrzeuge stellen. Worauf legen Sie bei Fahrern und Lkw besonderen Wert?
Man kann sagen, wir reden hier überhaupt von der Königsklasse des Lkw-Fahrens. Denn die Herausforderungen sind tatsächlich enorm, gute Fahrer sind Profis durch und durch. Das beste Recruiting machen meine Fahrer selbst. Wenn wir einen neuen brauchen, dann sage ich das meinen Fahrern. Die hören sich um und achten dann ganz penibel darauf, wer die Fähigkeiten dazu hat und wer in unser Team passt. Ich habe also noch nie einen Fahrer eingestellt, den meine eigenen Fahrer nicht kannten. Da waren oft Söhne, Neffen oder Bekannten meiner Fahrer darunter. Also, Personalproblem habe ich keines (lacht)!

Das liegt wohl an dem angenehmen Betriebsklima in Ihrer Firma?
Richtig! Meine Fahrer organisieren sich in Teams großteils selbst. Wenn die Arbeit zu viel wird, dann kommen Sie zu mir und sagen mir das. Und üblicherweise suchen sie dann einen neuen Fahrer und ich kaufe einen neuen Lkw und dann haben wir wieder um einen mehr. So haben wir expandiert über die Jahre. Auch die Einschulung der Neuen wird durch meine versierten Fahrer selbst übernommen. Das Durchschnittsalter unter meinen Fahrern beträgt knapp 40 Jahre. Und wenn von ihnen einer in Pension geht, ist schon wieder ein Junger da.

Welche Anforderungen stellen Sie an neue Lkw?
Wir fahren viele Marken. Ich bin stolz auf unseren modernen Fuhrpark. Bei mir wird jeder Lkw gemeinsam mit dem Fahrer ausgesucht. Er wird so ausgestattet, wie es für den Fahrer und das jeweilige Einsatzgebiet passt. Der Fahrer identifiziert sich mit seinem Lkw und behandelt ihn entsprechend pfleglich. Wir verfügen auch über fünf Lkw mit Bio-Hydrauliköl – für Fahrten in Wasserschutzgebieten.

Von welchen Beträgen reden wir hier bei einem neuen Lkw?
Von etwa 220.000€. Das ist aber noch ohne Hänger.

Bei so viel Anlagekapital kann man sich wohl keine Stillstände leisten! Was tun Sie gegen lange Wartezeiten in den Werken?
Das ist sehr unterschiedlich. Nachdem ich an jedem Tag mit Fahrzeugen in irgendwelchen Werken stehe, gibt es nur eines: umdisponieren! Meine Teams sind ständig in Kontakt miteinander und bei Bedarf disponieren sie um – oft ohne, dass ich davon etwas mitbekomme. Da steht man im Werk, obwohl man termingerecht liefert, und hat vorher schon einige Runden zum Holzeinsammeln im Wald gedreht! Solche Herausforderungen nehmen immer mehr zu.

Was ist Ihr hauptsächliches Einsatzgebiet?
Ober- und Niederösterreich, angrenzendes Bayern und Tschechien, bis zum Wienerwald und in die Steiermark.

Was wären Ihre Wünsche an Planer von Forststraßen?
Ich habe vor allem im Gebirge das Problem, dass alte, bestehende Forststraßen einfach verlängert werden. Das sind dann zumeist fast autobahnähnliche Straßen. Aber bis dorthin müssen wir oft durch das fast nicht fahrbare Nadelöhr des alten Abschnitts. Auch die sollten auf den aktuellen Standard gebracht werden – hinsichtlich der Planumbreite und Kurvenradien. Das Problem ist, dass sich niemand wirklich darum kümmert. „Lkw-befahrbare Straße“ ist ein sehr dehnbarer Begriff. Die Industrie sagt: „Wir kaufen ab Lkw-befahrbarer Straße.“ Der Forst sagt: „Dort sind wir schon immer gefahren.“ Von der Industrie abgerechnet werden dann die Kilometer vom Forstamt oder Gemeindeamt oder Kirchenplatz weg. Aber dass ich davor noch 20 km im Wald herumfahren muss, ist leider oft kein Thema! Das sind aber die herausfordernden Kilometer, die Fahrzeug und Fahrer besonders beanspruchen.

Gibt es ein spezielles Service-Regime bei Forst-Lkw?
Wir haben seit einigen Jahren für alle Lkw auch Wartungsverträge – natürlich für saftige Prämien. Aber das ist notwendig! Wir fahren mit großen Lasten auf extrem schlechten Straßen mit hoher Steilheit. Der Verschleiß ist dabei natürlich auch entsprechend hoch. Zudem ist in der letzten Zeit eine andere Mode aufgekommen: Traktorwege werden heutzutage eher genehmigt als Forststraßen. Die werden halt dann um einen halben Meter breiter ausgeführt. Und natürlich wird erwartet, dass auch wir mit unseren Lkw darauf fahren.

ICH GLAUBE NICHT, DASS ICH NOCH EINEN E-LKW IM WALD ERLEBEN WERDE!


Wilhelm Stadler, Holzlogistiker

Die Holzernte war bisher meist eine saisonale Aktivität. Hat sich das geändert? Wie gleichen Sie das Arbeitsaufkommen über das Jahr aus?
Nun, in der Steiermark gibt es etwa die berühmten Straßensperren im Frühjahr und Sommer. In Gegenden wie dem Weinoder dem Waldviertel ist das eigentlich kein Thema. Seitdem die Industrie der alles bestimmende Faktor ist, heißt die Devise: „Wir brauchen nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer Holz.“ Wo im Wald wann wie viel wovon genutzt wird, scheint auch immer weniger der Förster zu bestimmen, sondern vermehrt das Klima und der Käfer. Das heißt, es geht zumeist ohnehin das ganze Jahr durch. Natürlich sind wir auch abhängig davon, wann in den holzverarbeitenden Betrieben Werkssperren verhängt werden – etwa für Wartungen oder Ausbauten. Aber durch unser großes Einsatzgebiet können wir die Fuhren auch zeitlich-räumlich besser ausgleichen.

Wie hat sich Ihre Branche über die Jahrzehnte verändert?
Früher hat man im Forst Pflegemaßnahmen gesetzt und nach Einschlagplänen genutzt – wenn der Waldboden gepasst hat und die Straße. Und die Industrie hat das Holz sicher abgenommen. Es hat also Jahresverträge gegeben und angeliefert wurde dann, wenn das Holz anfiel. Heute bestellt die Industrie das Holz beim Forst, wann sie es benötigt. Da ist es egal, ob du gerade irgendwo einen Seilkran stehen hast oder nicht. Und wir sind da mitten drin. Deshalb ist Holzlogistik mehr denn je gefragt!

Was waren denn weitere Treiber für diesen Trend zur Holzlogistik?
Das Mautsystem brachte einen Schub in diese Richtung. Leerfahrten auf der Autobahn kann sich heute niemand mehr leisten. Weiters die Einführung des digitalen Tachos. Er überwacht alle Tätigkeiten des Fahrers. Früher war es einfach wichtig, das Holz zeitgerecht abzuliefern. Heute ist entscheidend, dass der Fahrer seine Ruhezeiten einhält. Dann ist hier noch zu nennen die Digitalisierung und der elektronische Lieferschein. Wir fahren für die gesamte Säge-, Papier- und Plattenindustrie – und jeder hat sein eigenes System für Lieferschein und Abrechnung! Teilweise hat auch der Forst eigene Lieferscheinsysteme! Und wir sollen oder müssen dies alles irgendwie bewerkstelligen!

Es gibt doch den FHP-Standard!
Alle behaupten, sie hätten den FHP-Standard! Aber der alleine genügt nicht! Es vergeht keine Woche, wo nicht irgend jemand eine neue App herausbringt, die dann verpflichtend zu verwenden ist. Und ich kann wieder den Fahrer neu einschulen lassen und Adaptionen an Soft- und Hardware vornehmen!

Ist hier eine Vereinheitlichung absehbar?
Nein! Es wird zwar viel geredet und behauptet, aber am Ende des Tages macht jeder wieder nur sein eigenes Ding. Diese vielen Lieferprofile und Ansprüche zu managen, ist fast schon Zauberei!

Wie behalten Sie eigentlich den Überblick über die vielen Touren, die Ihre 50 Lkw machen? Werden die irgendwo auf einem riesigen Bildschirm visualisiert?
(Lacht). Das war der Preis unserer Expansion, dass ich nach dem zehnten Lastwagen aus dem Lkw ausgestiegen bin, um mich ausschließlich um die Koordination zu kümmern. Ich disponiere mit Bleistift und Radiergummi. Den Großteil der Touren kenne ich in- und auswendig. Trotzdem wurde mir die Arbeit alleine zu viel und seit Kurzem unterstützt mich Gott sei Dank ein junger Logistiker.

Wie ist bei so vielen Lkw auf der Straße überhaupt eine Optimierung zu schaffen? Macht das die Erfahrung?
Das macht einerseits die Erfahrung, andererseits machen das meine Teams. Am Freitag werden für die kommende Woche die Bestellungen und Lieferprofile gesammelt und ich mache eine vorläufige Zuordnung. Dann bekommen meine Teamleiter ihre groben Wochenplanungen. Alles Weitere disponieren die Teamleiter selbst. Die besprechen also gleich am Freitagnachmittag, wer was wann wo macht.

Sind alternative Lkw-Antriebe für Sie ein Thema?
Ich habe schon vor Jahren meine Lkw-Hersteller kontaktiert wegen eines Hybrid-Konzepts. Wir fahren so oft leer ins Gebirge auf die Berge und voll beladen wieder runter. Das wären also ideale Voraussetzungen, einen Akku richtig vollzuladen! Die haben das aber mit einem Lächeln abgetan – mit dem Hinweis, dass unsere Branche für eine derart aufwendige technische Entwicklung zu klein sei. Daher bin ich eher skeptisch, ob ich noch einen e-Lkw im Wald erleben werde. Ich merke das ja bei den neuen Modellen, die vorgestellt werden. Da gibt es zuerst den Sattelzug, dann den Kipper. Bis wir den Holz-Lkw bekommen, vergehen oft fünf Jahre. Was ich tun kann, ist, die neuesten und sparsamsten Lkw zu haben und zu versuchen, durch die Logistik möglichst effizient zu arbeiten. Wir machen auch Waggonverladung, wenn es für Ferndistanzen sinnvoll ist.