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Bei der Holzrückung ist auf die Verwendung geprüfter Maschinen mit Sicherheitseinrichtungen zu achten © Nikolaus Nemestóthy

Interview Christoph Huber

Zurück in die Zukunft

Ein Artikel von Robert Spannlang | 29.04.2024 - 08:50
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Christoph Huber ist seit November 2023 der Leiter des Institutes für Forsttechnik am Waldcampus Traunkirchen. © FAST Traunkirchen

Werter Herr Huber! Sie sind seit Herbst der Nachfolger von Nikolaus Nemestóthy als Leiter der BFW-Forsttechnik in Traunkirchen. Wie hoch liegt da die Latte für Sie als Nachfolger?
Christoph Huber (CH): Nikolaus ist ein Forstmensch durch und durch, der vor seiner Tätigkeit beim BFW unter anderem beim Forstbetrieb Esterhazy reichlich praktische Erfahrung sammeln konnte. Diesen Draht zu den Praktikern da draußen hat er sich bis heute bewahrt. Daher hat er die Forsttechnik im Haus neu ausgerichtet. Er hat sich sehr stark im Normungswesen engagiert und hat sich dort für die Interessen der heimischen Forstunternehmer und Forstbetriebe eingesetzt. Auch bei der KWF-Gebrauchswertprüfung war er sehr aktiv. Der AUSTROFOMA-Innovationspreis ist ein weiteres berufliches Vermächtnis. Als letztes großes Projekt hat Niki dann die Forstunternehmerzertifizierung („ZÖFU“) auf den Weg gebracht, als Reaktion auf das – meiner Meinung nach entbehrliche – Erfordernis, die Nachhaltigkeit der Holzernte in Österreich nachzuweisen. Die Fußstapfen sind also groß!

Sie haben Nikolaus Nemestóthy über einige Jahre hindurch beruflich begleitet. Sind Sie also ein Garant für Kontinuität im Hause?
CH:
Es war sicherlich ein Vorteil, dass ich jetzt fünf Jahre mit Niki zusammenarbeiten durfte. Freilich hoffe ich, sein Werk in seinem Sinne und im Sinne der österreichischen Forstwirtschaft fortzuführen.

Wie ist Ihr beruflicher Werdegang bis hierher?
CH:
Ich entstamme einer kleinen Landwirtschaft im Raum Gmunden, die ich inzwischen von meinen Eltern geerbt habe. Nach dem Forstwirtschaftsstudium an der BOKU und einem Doktorat am dortigen Forsttechnikinstitut blieb ich drei Jahre als Projektmitarbeiter an der BOKU. Dann hat sich für mich die Chance eröffnet, mit Niki am BFW zusammenzuarbeiten. Dass dieser Traumjob für mich auch so nah an meinem Wohnort liegt, wo ich bei der landwirtschaftlichen und forstlichen Arbeit den körperlichen Ausgleich zu meiner Tätigkeit hier finde, ist für mich ein echter Glücksfall.

Ihr Anspruch ist es, ein „aktiver und innovativer Partner der forstlichen Praxis der holzverarbeitenden Industrie sowie der Forstmaschinenhersteller“ zu sein, inklusive Grundlagenforschung. Wie werden Sie diesem Anspruch gerecht?
CH:
In Traunkirchen ergeben sich durch Angebote für Weiterbildungen von Forstfachkräften für uns Forscher regelmäßig tolle Möglichkeiten, Austausch mit den Waldbesitzern zu haben, aber auch mit Forstunternehmern und der Politik. Das ist ein gutes Habitat für forstliche Innovation. So hat man immer den Daumen am Puls der forstlichen Praxis. Da werden konkrete Fragestellungen an uns herangetragen. So ergaben sich schon viele wertvolle Anstöße für Forschungsprojekte. Uns unterscheidet von der Universität daher vielleicht die Praxisnähe unseres Forschungszuganges.

Sie verstehen sich also einerseits als Katalysator für technische Lösungen bei forstlichen Herausforderungen, andererseits als Bindeglied zwischen Forstpraxis und den Forstmaschinenherstellern. Gibt es vergleichbare forstliche Einrichtungen in Europa?
CH:
Eine Institution mit einer so direkten Anbindung an die forstlichen Akteure und mit einer derartigen technischen Ausstattung, wie wir sie im Haus haben, kenne ich nicht. Das bestätigen uns auch immer wieder Besuchergruppen von auswärts. Das ist sicher eine unserer großen Stärken.

Das macht euch wohl auch besonders interessant für Forstmaschinenhersteller?
CH:
Ja, wir haben viele Maschinen im Haus, die uns die Hersteller auf Kommission zur Verfügung gestellt haben. Natürlich erwarten sie sich dann auch ein Feedback über den Einsatz, um es dann gegebenenfalls für Produktverbesserungen zu nutzen. Unsere Meinung hat auch ein gewisses Gewicht da draußen, das dürfen wir immer wieder feststellen. Wir haben immer wieder Projekte mit Seilkranherstellern, wo es um die Weiterentwicklung oder um das Finetuning von Produkten geht, aber auch um Ökosystemauswirkungen. Da ist unsere Expertise schon gefragt. Am Waldcampus tagen daher auch hochkarätige Gremien, wie etwa der ZÖFU-Beirat, der erst kürzlich stattfand (sh. Beitrag S. 12, Anm.).

Woran wird man Ihre Handschrift in der Leitung des Fachbereichs erkennen? Wie werden Sie die Forsttechnikabteilung in Traunkirchen weiterentwickeln?
CH:
Bis zu einem gewissen Grad diktieren Markt- und Naturphänomene unsere Aktivitäten – der Klimawandel etwa. Das betrifft uns in der Forstwirtschaft mit noch nie dagewesenen Anteilen an außerplanmäßigen Nutzungen. Dazu kommen vielfach Starkregenereignisse und Erosionsgefahr. Darauf muss man sich natürlich auch von der Forsttechnik her einstellen. Arbeitskräftemangel ist ein weiteres Thema, das hier stark hereinspielt. Das ist wohl einer der stärksten Motoren für Mechanisierung, Automatisierung und Digitalisierung in der Forstwirtschaft. Unsere Art der Bewirtschaftung ändert sich mit dem sich verändernden Wald, und dazu braucht es laufend Lösungen, die wirtschaftlich und ökologisch sind und arbeitsschutztechnisch gewissen Standards entsprechen müssen. Unsere aktuellen Unfallzahlen bei der Waldarbeit sind beispielsweise wieder sehr hoch. Da wird es nicht nur darauf ankommen, etwa in den Normungsbestimmungen hohe Sicherheitsstandards zu verankern, sondern dass die der Norm entsprechenden Geräte bei der Waldarbeit weiterhin gut handhabbar und praktikabel sind. Sonst könnte es sein, dass Sicherheitsvorrichtungen am Gerät von Forstarbeitern umgangen oder ausgehebelt werden. Davon hätte niemand etwas.

Welche generellen Trends in der Forsttechnik sind aus Ihrer Sicht erkennbar?
CH:
Zunächst die schon angesprochene Automatisierung, gepaart mit Mechanisierung. Immer mehr Holz wird in der hoch und voll mechanisierten Ernte eingefahren. Es gibt also einen Trend hin zu immer größeren Maschinen. Wir gehen mit den Maschinen zudem in immer steileres Gelände. Das alles bedeutet mehr Aufwand, negative Einflüsse auf Boden und Bestand zu minimieren und unseren unter Stress geratenen Wald nicht noch mehr zu schädigen. Ein weiteres Thema auch in der Forsttechnik ist Automatisierung in Kombination mit Künstlicher Intelligenz. Diese ermöglicht Selbstlerneffekte auf Basis der großen Datenmengen, die wir über Kameras und Sensoren auf jedem Prozessorkopf generieren können. Das resultiert in Steuerungen und Algorithmen, die den Harvester- und Forwarderfahrer sehr entlasten können. Die Schnittstelle Mensch-Maschine rückt also auch in der Forsttechnik immer stärker in den Fokus.

Sie setzen sich in Traunkirchen dafür ein, dass die Bioenergieanlagen unseres Landes auch in Zukunft mit Holz versorgt werden können. Wie wollen Sie das angesichts des Green Deals und der RED III-Richtlinie der EU sicherstellen?
CH:
Man kann gar nicht oft genug betonen: Der Forst- und Holzsektor in Österreich – sicherlich auch in ganz Mitteleuropa – ist auch aus seinem ureigensten Interesse heraus sehr auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Ein großes Problem ist, dass diese Nachhaltigkeit in anderen Ländern in diesem Sektor nicht immer so gelebt wird wie bei uns. Dadurch entsteht oft ein verfälschtes Bild der Holzernte in der breiten Öffentlichkeit. Dieser Nachhaltigkeit muss freilich auch die Holzernte verpflichtet sein. Wir haben eine Vielzahl von Produkten, die bei der Holzernte anfallen: Blochholz für Möbel, Furniere, Parkette, Industrieholz für Platten, Faserholz für Papier und Karton. Aber eben auch Brennholz, das sonst keiner anderen Nutzung entsprechen würde. Damit kann fossile Energie reduziert werden – das ist einer der größten Hebel für CO2-Einsparung, die wir in der Forstwirtschaft haben. Da muss nichts mit viel Aufwand aus dem Boden geholt werden, das Brennholz ist als Nebenprodukt der Durchforstung oder Endnutzung ohnehin da. Es geht also um intelligente Verwertung unseres wertvollen Rohstoffes Holz. Wer also Energiegewinnung aus Biomasse einschränkt, beschneidet damit auch den Wert des Rohstoffes und Problemlösers Holz.

Wie beurteilen Sie die vergangene AUSTROFOMA als Bühne für österreichische Seiltechnik?
CH:
Schon rein vor dem Hintergrund des neuen Besucherrekords war die vergangene AUSTROFOMA am Stuhleck ein Erfolg! Auch der Nachhall in den auch nicht forstlichen Medien war enorm, die Organisation war toll. Als topografisch für die Holzernte nicht sehr begünstigtes Land braucht es eben sehr gute Unternehmen für Seiltechnik und viel Innovation, um am Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Die Kosten für den Transport von Holz treten anteilsmäßig in den Hintergrund – Holz wird heute viel weiter transportiert als früher.

Und diese ausgefeilte Seiltechnik in Form von Seilkranen und Gebirgsharvestern ist ja an sich auch schon ein Exportschlager ...
CH:
Richtig! Auch das war am Stuhleck gut zu beobachten, wie sich Delegationen aus anderen Ländern diese heimische Seiltechnik angesehen haben. Diese Chance wurde gut genutzt, denke ich. Bei der Holzernte geht es eben oft nicht mehr nur um einen möglichst günstigen Festmeterpreis, sondern auch darum, wie mit effizienten Durchforstungsgeräten und -methoden steile Bestände in Steilhängen im Gebirge stabilisiert werden können. Die Schutzfunktion von Bergwäldern zu erhalten ist heute immer wichtiger, aber auch die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser.

Was tut Christoph Huber in seiner Freizeit?
CH:
Ich bin immer gern im Freien, gehe gern wandern. Momentan kommt noch ein anderes Hobby hinzu: Hausbau, derzeit schon der Innenausbau. Die anderen Hobbys sind dadurch ein wenig in den Hintergrund geraten!

Vielen Dank für das Gespräch!