Das 27. Waldforum im Rahmen des österreichischen Walddialogs (ÖWAD) fand unter dem Titel „Der European Green Deal und seine Bedeutung für die Forst- und Holzwirtschaft in Österreich“ in Kooperation mit dem Umweltdachverband sowie dem EU-Umweltbüro statt. Bernhard Zlanabitnig vom EU-Umweltbüro führte als Moderator durch die Veranstaltung, die rund 120 Teilnehmer aus den verschiedensten, mit der österreichischen Forstwirtschaft verbundenen Interessengruppen und öffentlichen Stellen besuchten.
Tim-Joris Kaiser von der Ständigen Vertretung der EU in Österreich verwies in seiner Begrüßung auf die besondere Rolle des Dialogs als demokratisches Element, das mit dem ÖWAD beispielgebend gelebt wird. Dieser hat zum Ziel, die vielfältigen Interessen an der Nutzung des Waldes zu vereinen und den sorgsamen Umgang mit dem Wald weiterzuentwickeln. Gerald Pfiffinger (Umweltdachverband) reflektierte dies in seinem Eingangsstatement und betonte die vielfältigen Kooperationen zwischen dem Umwelt- und dem Land- und Forstwirtschaftssektor. Mit dem Green Deal sei eine Fülle an neuen Rechtsakten und Strategien verbunden. Dies wurde auch von Sektionsleiterin Elfriede Moser vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (BML) betont betreffend die waldpolitisch relevanten Initiativen auf EU-Ebene, wobei auf die dadurch entstandenen Konfliktlinien mit dem in den Mitgliedstaaten etablierten, nationalen Forstrecht hingewiesen wurde.
Regelungsdichte stark erhöht
Das politische Umfeld zu Wald und Holz auf EU-Ebene wurde anschaulich von Harald Mauser, Vertreter des European Forestry Institute (EFI) in Brüssel dargestellt. Ausgehend von der waldpolitischen Entwicklung auf internationaler und europäischer Ebene wurde deutlich, wie stark sich die Regelungsdichte mit Relevanz für den Forst- und Holzsektor in der EU seit dem Green Deal erhöht hat. Dabei gingen die politischen Ansätze weit über den traditionellen Bereich der Forstwirtschaft hinaus, unter Einschluss verschiedenster Interessengruppen und Akteure auf EU Ebene. Die Folgen dieser Entwicklung auf den Sektor in ihrer Gesamtheit bedürfen dabei noch einer gesonderten Einschätzung. Mauser riskierte auf Basis vorhandener Daten einen Ausblick auf die politische Entwicklung der EU, mit Augenmerk auf die Prognosen für die kommenden Wahlen zum Europaparlament sowie die Zusammensetzung der künftigen Europäischen Kommission. Dabei wurde deutlich, dass mit erheblichen Änderungen und Verschiebungen im politischen Spektrum zu rechnen sein wird. Dies würde dann auch entsprechenden Einfluss auf die strategische Ausrichtung der EU in den nächsten Jahren mit sich bringen, auch betreffend den Green Deal.
Gerfried Gruber vom BML (Sektion Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit) referierte im Anschluss über die waldbezogenen Schwerpunkte des Green Deal und die einzelnen strategischen und legislativen Initiativen der Europäischen Kommission, sowie die daraus resultierenden Auswirkungen auf Österreich. Der Wald mit seinen vielfältigen Funktionen sei von den Vorhaben des Green Deal und die verschiedenen EU-Politikbereiche vielfach betroffen. Als Rahmen dient die neue EU-Waldstrategie für 2030, anhand derer die Europäische Kommission ihr Arbeitsprogramm abarbeitet. Thematisch reichen die Handlungsfelder von Umwelt-, Klima- und Energiepolitik, über Bioökonomie und Forschung bis hin zu Fragen der forstlichen Governance und waldpolitischen Grundlagen. So liegt aktuell unter anderem der Vorschlag einer EU-Verordnung zu forstlichem Monitoring auf dem Tisch, der derzeit auf Expertenebene beraten und jedenfalls noch kritisch geprüft werde. In einem ersten Resümee zum Green Deal zeigt sich eine noch nie dagewesene Fülle an waldbezogenen Vorlagen durch die Kommission, die teilweise beschlossen sind oder kurz vor Beschlussfassung stehen, derzeit in Verhandlung stehen oder sich noch in der Planungsphase befinden. Insgesamt verstärke sich mit dem Green Deal der Trend zu verbindlichen Vorschriften, vereinheitlichten Standards, vermehrten Prüf- und Berichtspflichten und vielem mehr. Dies stelle nationale Verwaltung und den Forst- und Holzsektor gleichermaßen vor große Herausforderungen.
Engagiert geführte Podiumsdiskussion
Diese mit dem Green Deal verbundenen Herausforderungen für den österreichischen Forst- und Holzsektor standen dann auch im Fokus der nachfolgenden, engagiert geführten Podiumsdiskussion, bei welcher neben Gerald Pfiffinger (UWD) und den beiden Vortragenden Gerfried Gruber (BML) und Harald Mauser (EFI) auch Peter Mayer vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) sowie Rudolf Rosenstatter, Obmann des Österreichischen Waldverbands unter Publikumsbeteiligung teilnahmen.
24 biodiversitätsfördernde Projekte in Österreich
Der Nachmittagsblock widmete sich fachlich dem Thema der Biodiversität im Wald und den Möglichkeiten, diese zu fördern. Die Maßnahmen des österreichischen Waldfonds zur Förderung der Wald-Biodiversität im Rahmen der Maßnahme 10 wurden von Magdalena Sumereder (BML, Abt. III/3) dargestellt. Wichtige biodiversitätsfördernde Maßnahmen, wie etwa die Erweiterung der Trittsteinbiotope, werden in derzeit 24 Projekten österreichweit umgesetzt. Informiert wurde auch über die neuen Förderungsmöglichkeiten im Rahmen des angepassten Programms Ländliche Entwicklung. In einer kurzen Diskussion erfolgte ein interessanter Austausch zum Wesen und begriff von Biodiversität an sich, der wohl in einem eigenen Workshop näher beleuchtet werden müsste.
Gerald Pfiffinger und Christian Fraissl vom Umweltdachverband berichteten anschließend zum Waldfondsprojekt „Forstwirtschaft und Waldbiodiversität im Zusammenhang mit dem Green Deal. Anhand von Beispielen wurde die Gefährdungslage einzelner Arten dargestellt und mit welchen Maßnahmen die Lage verbessert werden kann. Näher beleuchtet wurde unter anderem die besondere Rolle der naturnahen Waldbewirtschaftung als Konzept, welches zwischen segregativen und integrativen Ansätzen zur Biodiversitätsförderung und im Sinne des Naturschutzes verortet ist. Der Green Deal beziehungsweise die EU Biodiversitätsstrategie spielen mit den generellen Vorgaben zur Unterschutzstellung von 30% der Ökosysteme, also auch des Waldes, eine wichtige Rolle. Vor allem das Ziel, 10% der Gesamtflächen unter strengen Schutz zu stellen, hat bislang zu kontroversen Ansichten geführt. Verwiesen wurde auch auf die kurz vor Beschlussfassung stehende EU Verordnung zu Wiederherstellungszielen. Es gilt nun, Ansätze zu finden, Schutzgebiete nach ökologischen Kriterien auszuweisen, wobei dies nur im Dialog mit den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern erfolgen kann. Dies wurde auch in den Wortmeldungen deutlich, die sich auch auf die notwendige und offene Finanzierung von Wiederherstellungsmaßnahmen bezogen.
Zugeschaltet aus Brüssel
Online aus Brüssel zugeschaltet war Frank Vassen von der Generaldirektion (GD) Umwelt der Europäischen Kommission. Seine Ausführungen bezogen sich auf die naturschutzrechtlichen Aspekte ausgewählter Green Deal-Initiativen, wobei Status und Trends des Erhaltungszustands erläutert wurden. Die Situation der Lebensraumtypen in Österreichs Wäldern stellte sich demnach besser dar als jene des Offenlandes. Verbesserungsbedarf sah Vassen vor allem im Herstellen eines besser zusammenhängenden, kohärenten Netzwerks der oft als zu kleinteilig empfundenen Schutzgebiete. Verwiesen wurde auch auf das nach wie vor laufende Vertragsverletzungsverfahren betreffend Ausweisung von NATURA 2000-Schutzgebieten. In der Diskussion wurden insbesondere die Bewertungsmethoden des Erhaltungszustands, Kosten der Wiederherstellung inklusive zu erstellendem Waldvogel-Index sowie die Rolle des Klimawandels angesprochen.
Katharina Lapin vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und Stefanie Linser von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) stellten das Waldfondsprojekt „WaldBIOLOG“, das sich der Biodiversität in Österreichs Wäldern angesichts der Auswirkungen des Klimawandels widmet und wie diese gemessen werden können. Derzeit laufen auch intensive Arbeiten im Rahmen des ÖWAD an einer Überarbeitung der biodiversitätsbezogenen Waldindikatoren, die derzeit noch zu schwach entwickelt seien. Auch sei eine Biodiversitätsdatenbank am BFW in Arbeit.
Das abschließende Referat erfolgte durch Georg Frank (BFW) zur europäischen Initiative INTEGRATE-Network, für das Österreich für ein Jahr den Vorsitz übernehmen wird. Dargestellt wurden die verschiedenen Arbeitsschwerpunkte wie unter anderem das Marteloscop. Als wichtig hob Frank die enge Kooperation in der Waldpolitik hervor. Das INTEGRATE-Network diene dazu, einen Rahmen für diese Kooperation zur Förderung der Biodiversität zu bieten, ausgehend vom Prinzip der integrativen Waldbewirtschaftung.