Die Tagung begann mit der Begrüßung durch die zuständige Naturschutzlandesrätin Marlene Svazek und einem Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Gernot Stöglehner, Universität für Bodenkultur (BOKU), mit dem Titel „Raumplanung – komplex, aber notwendig“. Die Raumplanung im herkömmlichen Verständnis betrachtet die Interessen der Menschen, ihre unterschiedlichen Nutzungsansprüche und legt Widmungen (vor allem Wohnen, Arbeiten/Wirtschaften, Verkehr, Erholung, Freizeit- und Naturraum) räumlich und inhaltlich fest. In der „allgemeinen“ Raumplanung wird den Bedürfnissen der Wildtiere lediglich in der Ausweisung von Weitwanderkorridoren und indirekt in der Ausweisung von Naturschutzgebieten und Nationalparks Rechnung getragen. Die zunehmende Nutzung der Wildlebensräume durch Freizeit- und Energieinfrastruktur macht in der Raumplanung das Einbeziehen der Bedürfnisse der Wildtiere notwendig.
Die Wildökologische Raumplanung – ein Allheilmittel?
Am zweiten Tag der Tagung standen die Grundlagen und speziellen Fragestellungen zur Wildökologischen Raumplanung (WÖRP) im Vordergrund. In seinem Vortrag „Wolf – alpenweites Management oder lokale Lösungen?“ behandelte Prof. Dr. Roland Norer, Universität Luzern, juristische Fragen rund um den Wolf. Mit der Berner Konvention, Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und den nationalen Regelungen besteht ein Geflecht von Kompetenzen und Normen. Der Versuch, feststehende Vorgaben der übergeordneten Ebenen und sich bietende Regelungsspielräume der untergeordneten Einheiten aufzuzeigen, ergibt, dass gerade zentrale Punkte wie die Spezifizierung von Entnahmevoraussetzungen, Zonierungen wie Weideschutzgebiete oder Entschädigungsmodelle in der Landwirtschaft von der nationalen beziehungsweise regionalen Gesetzgebung und Verwaltung durchaus umgesetzt werden können. Norer empfiehlt, alpenweite und Verwaltungsgrenzen überschreitende Ansätze beim Wolfsmonitoring zu verstärken.
„Wildökologische Raumplanung für Auer- und Birkwild und deren Eigenheiten und Herausforderungen“ war das Thema von Dr. Florian Kunz (BOKU). Die Klimaveränderung und zunehmende Freizeitnutzung ihrer Lebensräume setzen Raufußhühnern besonders zu. Aktuell nur in den WÖRPs Kärnten und Nationalpark Kalkalpen berücksichtigt, sollte für beide Arten eine Planung von Wildbehandlungszonen, Kernzonen, Randzonen als Entwicklungszonen und Korridore erfolgen. Ziel ist die gemeinsame Verpflichtung zu Erhaltungszielen. Mit Modellierung der Lebensraumpotenziale und -eignung, genetischen Analysen und populationsdynamischen Erhebungen lassen sich Wildbehandlungszonen und Maßnahmen festlegen. Weitere Anwendungsgebiete für Raufußhühner sind die Beurteilung von Infrastrukturprojekten (beispielsweise Tourismus) und die Jagd. Bei Ersterem geht es um die Beurteilung und Reduktion negativer projektverursachter Einflüsse. Als Grundlage einer Abschussplanung ermöglicht die WÖRP in Verbindung mit systematischem Monitoring die fundierte Beurteilung, ob und wie viele Hähne erlegt werden können.
Dabei ist außer der Abschusshöhe die räumliche Betrachtung wichtig. Vor allem sind Populations-Randgebiete oder Gebiete mit Trittsteinfunktion zu beachten, in denen die Abschüsse und der Jagddruck allenfalls zu verringern sind.
Die Schweiz und ihre jagdrelevanten Schutzgebiete
Der letzte Vortrag von Lukas Walser, Wildtierbiologe im Amt für Jagd und Fischerei, behandelt das „Rotwildmanagement in Graubünden“. Der Rotwildbestand im inneralpinen, niederschlagsarmen Graubünden wird auf rund 14.000 geschätzt. Die Bejagung führen im Patentjagdsystem vorwiegend rund 5.300 einheimische Jäger an insgesamt nur 30 Tagen im Jahr durch. Sie werden durch das Jagdamt und dessen zwei Wildbiologen und 64 Wildhüter betreut und kontrolliert. Das Gros der Abschüsse erfolgt in der auf 21 Tage limitierten „Hochjagd“ im September, bei der 3.000 bis 5.000 Stück Rotwild erlegt werden. Dabei darf alles Rotwild außer Kronenhirsche, starke Schmalspießer und führende Tiere geschossen werden. Um zu hohen Jagddruck und ein periodisches Abwandern in andere Kantone oder in unbejagbare Gebiete zu vermeiden, ruht während der Schusszeit in 267 Wildschutzgebieten (10% der Kantonsfläche) die Jagd. Jäger haben währenddessen dort ein Betretungsverbot. Der weitere Kahlwildabschuss – jährlich rund 1.000 bis 2.000 Stück – wird im November beziehungsweise Dezember in 30 Sonderjagdflächen durchgeführt. An nur 10 Tagen, begrenzt auf Mittwoch, Samstag und Sonntag, dürfen Jäger aber nur jeweils in einer Sonderjagdfläche bis 21. Dezember Kahlwild bejagen. In Graubünden herrscht für Schalenwild ein Fütterungsverbot. Von 20. Dezember bis 15. April besteht in 297 Wildruhezonen auf rund 87.800 ha ein Betretungsverbot oder Wegegebot. Ziel sind ungestörte Wintereinstände und die Vermeidung starker Wildkonzentrationen. In Ausnahmefällen (Notzeiten) werden Sonderregelungen getroffen (wie allgemeines Wegegebot, Notfütterungen).
Wer hat Priorität im übernutzten Raum?
Bei der abschließenden Podiumsdiskussion nahmen unter der Moderation von Gregor Grill, Landwirtschaftskammer Salzburg, Vertreter folgender Interessengruppen teil: Liliana Dagostin (Alpenverein Österreich), Carl Prinz von Croÿ (Land&Forst Betriebe Österreich), Eva Haselsteiner (SalzburgerLand Tourismus), Herbert Sieghartsleitner (Landesjägermeister Oberösterreich).
Erwähnenswert war die Position der Vertreter beider touristischer Vereine, deren zufolge ihre Organisationen in der Raumplanung von Anfang an und gleichberechtigt mit den Grundeigentümern und der Jagd einzubinden sind. Der mit 340.000 Mitgliedern und 33.000 ha Eigentumsfläche im Nationalpark Hohe Tauern sehr einflussreiche Alpenverein sieht sich auch als Naturschutzorganisation. Aber würden ökologische Gründe (wie Habitatschutz für Auerwild im Spätwinter/Frühjahr) zu einem periodischen Betretungsverbot veranlassen, kann der Alpenverein höchstens ein Wegegebot mittragen – auch eine Antwort auf die Frage, ob das Image „Naturschutz“ hinter dem Kerninteresse „Freizeitnutzung“ zurücksteht. Als weitere Aspekte wurden die Auswirkungen der Klimaänderung auf Wildtiere (Krankheiten, Lebensraumverlust) und das Freizeitverhalten der Menschen (Heimaturlaub in den kühlen Bergen und an den Bergseen) diskutiert. Völlig offen bleibt die beunruhigende Frage: Wie steuert man die steigende Personenzahl, die zunehmend den sensiblen Wildlebensraum bevölkert und nicht über Vereine erreicht werden kann?