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Der zu trennende Baumabschnitt ist an Seilen so zu verankern, dass das Wegheben am Seil möglichst pendelfrei vonstattengeht. © R. Spannlang/Forstzeitung

Problembaumfällung

Leben am Haken

Ein Artikel von Robert Spannlang | 30.01.2023 - 10:20

Dampf steigt auf von Kopfhaut und Haar, als Christian Huber seinen Schutzhelm abnimmt. Die Anspannung löst sich, als er wieder festen Boden unter den Füßen hat – weniger bei ihm selbst als bei den wenigen Zusehern, die mitverfolgt haben, wie er Ast für Ast, Stammabschnitt für Stammabschnitt an der hohen Birke in luftiger Höhe mit der Akku-Kettensäge durchtrennt und dem Teleskoparm des Kranes anvertraut hat. Häppchenweise ist die Birke abgetragen worden. Nun liegen ihre Bestandteile auf der Wiese am großen Firmengrundstück neben der Wohnhausanlage des Auftraggebers und werden von einem Kollegen weiter aufgearbeitet.
Warum die Birken weichen mussten? „Die Wohnhausanlage bekommt eine Photovoltaikanlage  auf das Dach“, erklärt Christian Hubers Kunde, der Eigentümer des Wohnhauses. „Da können wir keine Beschattung brauchen.“ Eine der drei Birken darf verbleiben. „Der Eigentümer hätte die letzte der Birken nur teilweise abtragen lassen. Aber davon habe ich ihm abgeraten und er hat mir schließlich zugestimmt. So etwas tun wir nicht – entweder ganz weg oder gar nicht“, spricht sich Christian Huber klar gegen Baumverstümmelungen aus.

Keine technischen Experimente
Sein Partner für heute ist HTS-Transporte, der einen bis auf 34 m Höhe teleskopierbaren Fassi F560-Kran auf einer MAN-4-Achs-Zugmaschine vor den Problembäumen in Stellung gebracht hat. Seelenruhig steht der Kranführer in einiger Entfernung zum Baum, während er mit der Funkfernsteuerung den „Mann am Haken“ behutsam am Baum rangiert oder die von ihm am Baum mit einer Akku-Kettensäge durchtrennten Stammesteile am Seil herunterholt. Die Aufgabe des Krans könnte in Zukunft von einer Transportdrohne übernommen werden. „Warum nicht? Wenn die Technologie eines Tages einigermaßen sicher und erprobt ist, bin ich der Erste, der sich an einen Drohnenhaken hängt“, lacht Christian Huber.

Technik-Highlight

Oben am Baum verwendet Christian Huber schon seit Langem eine Akku-Kettensäge mit einem 40 cm-Schwert: „Es geht hier um kurze Schnittsequenzen, wo ich ein handliches Gerät mit einem ansatzlos hohen Drehmoment brauche. Das liefert nur eine Akku-Kettensäge“, erklärt der Tiroler. Nach langem Probieren habe er sich für eine Husqvarna T 540i XP entschieden: „Sie hat ein tolles Leistungsgewicht und ist unglaublich robust.“ Was in heiklen Lagen und oft nur überhängend zu erreichenden Schnittstellen wichtig ist, sei vor allem eine verlässliche Technik. „Da habe ich dann für irgendwelche Mätzchen am Gerät kein Verständnis“, unterstreicht Christian Huber. Für einen Arbeitseinsatz habe er immer gleich mehrere geladene Akkus der besonders leistungsstarken Type BL300 dabei.

Problembaumfällungen in Westösterreich und Bayern
„Unser Forstunternehmen in Stans in Tirol übernimmt Problembaumfällungen und Baumpflegearbeiten in ganz Westösterreich und im süddeutschen Raum. Über die Jahre konnten wir bereits zahlreiche ,Stamm‘-Kunden für uns gewinnen“, erzählt der junge Unternehmer und lächelt über die Doppelbedeutung des Begriffes. Ja, in seinem Metier sei kein Stamm wie ein anderer. Da zählten nur die Erfahrung und logisches, ruhiges Denken vor jedem Schritt. „Hektik wäre hier kontraproduktiv.“ Aber genau das liebt Christian Huber an seinem Job – die Abwechslung und die He-rausforderung, dass jeder Problembaum anders „gemeistert“ werden will. Und geklettert sei er immer schon gerne, gesteht er. „Eintönigkeit bei der Arbeit ist mir völlig unbekannt in den acht Jahren meiner Tätigkeit als selbstständiger Baumfäller- und -pfleger.“
In der Regel komme er mit Seilklettertechnik durch. Nur in Ausnahmefällen müsse auf Krane, Hebebühnen oder sogar Hubschrauber zurückgegriffen werden. Langfristig liege sein Ziel in der Förderung der Zusammenarbeit mit Gemeinden, Unternehmen und Privatkunden, die professionelle Hilfe und Unterstützung in der Baumpflege benötigen.

Der letzte Schnitt
Die letzten drei Meter des Stammes bewältigt Christian Huber mit einem sauberen Fällschnitt wenige Zentimeter oberhalb des Bodens. Hier greift er auf eine Benzinmotorsäge zurück, weil hier längere Dauerleistung gefragt ist und das Schwert bis zu 55 cm lang sein kann. Dann sieht man ihn mit seinem Kollegen und dem Kranführer zusammenstehen und die nächste Birke besprechen. Bald darauf legt er den Sitzgurt wieder an, das Kranseil spannt sich und Christian Huber entschwebt mit seiner Akkusäge am Gurt einer neuen Aufgabe in luftiger Höhe entgegen.