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Einblasen des Kalkes © Dominik Gruber

Bodenschutzkalkung

Waldbodensanierung macht Wälder fit

Ein Artikel von Stefan Heuberger, Forstfachschule Traunkirchen | 31.01.2022 - 10:12

Warum braucht man eine Waldbodensanierung? Ein Großteil unserer Waldböden ist vor allem durch die vielfältige Nutzung in der Vergangenheit einem unnatürlichen Bodenversauerungsprozess ausgesetzt. Historische Nutzungsformen wie die Streunutzung und die Waldweide führten zu teils massiven Nährstoffausträgen in den Wäldern. Insbesondere in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts fand eine Erhöhung der Säureeinträge in die Waldökosysteme statt. Dieser Eintrag geschah vor allem über den sauren Regen, der zu Zeiten der Industrialisierung einen pH-Wert von rund 4,1 hatte. Die Folge war eine Verschiebung des ursprünglich neutralen pH-Bereiches des Waldbodens in ein saures Milieu.

Welche negativen Auswirkungen hat ein versauerter Waldboden? 
In den Waldböden werden heute auf sauren Grundgesteinen häufig pH-Werte zwischen 3,0 und 4,0 gemessen. Das führt zu einer Beeinträchtigung der Speicher-, Puffer- und Filterfunktion des Bodens. Saure Böden mit geringer Basensättigung verhindern oftmals auch ein Aufkommen von Mischbaumarten (meist Laubhölzer), die höhere Ansprüche an die Nährstoffversorgung im Boden stellen als Fichten oder Kiefern. 
Ein ganz wesentlicher Nachteil ist, dass ab pH-Werten von 5,0 zunehmend die Auflösung von Tonmineralen und eine Freisetzung von Aluminium im Boden stattfindet. Das bedeutet eine massive Verschlechterung des Bodens, da die Tonminerale sich nicht wieder zusammensetzen lassen. Tonminerale sind für eine gute Ertragsfähigkeit der Böden aber entscheidend. Da sie negativ geladen sind, wirken sie wie „Magnete“, die positiv geladene Nährelemente, wie Kalzium, Kalium, Magnesium, im Boden halten und vor Auswaschung schützen. Hohe Aluminiumgehalte im Boden wirken auf Pflanzenwurzeln giftig, was dazu führt, dass diese die betroffenen Bodenschichten meiden und nur sehr flach wurzeln. Das bedeutet, dass der Bestand einerseits aufgrund fehlender Durchwurzelung instabil ist und andererseits schlecht mit Wasser und Nährstoffen versorgt wird. 
Die Anreicherung von Aluminium im Boden aufgrund niedriger pH-Werte ist auch für Menschen problematisch, weil Aluminium im Verdacht steht, Alzheimer auszulösen. In Regionen, in denen es zu vielen Fällen dieser Krankheit kommt, werden oft auch höhere Gehalte an Aluminium im Trinkwasser gefunden. Bei Alzheimerpatienten werden hohe Aluminiumkonzentrationen im Blut nachgewiesen. Das Metall wird vom Menschen insbesondere über das Trinkwasser aufgenommen. 

Was ist eine Waldbodensanierung?
Bei einer Waldbodensanierung werden magnesiumhaltige Kalke in den Wald eingebracht. Das geschieht mit einem Unimog, der mit einem speziellen Gebläse ausgestattet ist. Dieser wird mit dem Kalk beladen. Anschließend wird der Kalk mit dem Gebläse in den Wald geblasen. Der Unimog ist eine sehr geländegängige Maschine und kann auf Forststraßen sowie auf Rückewegen direkt im Wald eingesetzt werden. Der eingeblasene Kalk legt sich am Boden und auf den Pflanzen ab und wird mit dem nächsten Regen eingewaschen. Dort entfaltet der Kalk dann seine Wirkung. Eine Waldbodensanierung kann bei geeignetem Gelände auch mit einem Mineraldüngerstreuer und Kalkgranulaten durchgeführt werden. Auf kleineren Flächen ist es ebenso möglich, den Kalk händisch auszubringen. In Deutschland wird der Kalk im Zuge der sogenannten Bodenschutzkalkung mit Hubschraubern ausgebracht.

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Waldbestand nach dem Einblasen des Kalkes. © Dominik Gruber

Was bringt eine Waldbodensanierung?
Wenn beispielsweise auf einem versauerten, sekundären Nadelwald eine klimaresistente Waldgesellschaft mit anspruchsvolleren Laubbaumarten etabliert werden soll, kann eine vorhergehende Waldbodensanierung die optimalen Bedingungen für die Forstpflanzen schaffen. Laubbaumarten, wie etwa Bergahorn oder Vogelkirsche, benötigen einen höheren pH-Wert und damit einhergehend eine höhere Basensättigung im Boden als Nadelhölzer. Oftmals gibt es aus diesem Grund Probleme bei der Aufforstung mit Laubhölzern, weil die Böden zu sauer sind. Die Pflanzen sterben dann ohne offensichtlichen Grund ab. Die Ursache dafür ist, dass Nadelhölzer, wie etwa Kiefern und Fichten, mit sehr niedrigen Basensättigungen von unter 10 % zurechtkommen. Bergahorn und Vogelkirsche benötigen Basensättigungen von mindestens 50% im Boden, um sich erfolgreich zu etablieren. Die Basensättigung gibt den prozentuellen Anteil von Ca2+, Mg2+, K+ und Na+ an der effektiven Kationenaustauschkapazität an. Das Problem des Absterbens der Jungpflanzen kann mit einer Bodenprobenahme, in der pH-Wert, austauschbare Kationen und Basensättigung analysiert werden, und mit anschließender Waldbodensanierung vermieden werden. Damit können Kosten für die Aufforstung und Fördergelder gespart werden, weil es nicht notwendig ist, die Flächen aufgrund von Totalausfällen mehrmals aufzuforsten.
Ein weiteres Beispiel wäre der Fall von Magnesiummangel an Fichte, wo die Schadausprägung durch Krankheitserreger, wie etwa Sirococcus, mittels Waldbodensanierung abgemildert und der Zuwachs gesteigert werden kann. Die Erhöhung des pH-Wertes führt zu einer besseren Durchwurzelung und zu einer erhöhten Wasser- und Nährstoffversorgung für die Pflanzen. Auch die Bestandesstabilität wird durch Waldbodensanierungen gefördert. Das Wasser wird im Boden besser gehalten und steht den Bäumen zur Verfügung. Ein unerwünschter oberflächlicher Abfluss, der bei Starkregenereignissen zu Hochwässern und Murenabgängen führt, kann auf diese Weise abgemildert werden.
Eine Studie von Eichinger und Eckmüllner belegt, dass durch eine Waldkalkung und dem damit einhergehenden Mehrertrag der Waldbestände mehr CO2 gebunden wird. Dieser Effekt hängt von der Bonität und vom Alter der Bestände ab. Ein 30-jähriger Bestand der 7. Bonität erreicht demnach in 35 Jahren einen Mehrzuwachs von 26,7 t/ha, was umgerechnet 48,9 t/ha CO2 entspricht. Bei einer Bonität von 11, wären das in 35 Jahren 75,7 t/ha CO2, das mehr gespeichert werden kann.