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JNF-Mitglieder bei einem regionalen Netzwerktreffen zur „Bergwaldoffensive“ (einer Initiative der bayerischen Staatsregierung im Rahmen des Klimaprogramms „Bayern 2020“) © T. Geiger

Felix Hofmann / Alexander Stute, JNF             

Die Jungen Wilden der Forstszene

Ein Artikel von Jörg Parschau | 01.03.2019 - 06:49
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Die beiden Jungförster und Netzwerkgründer Alexander Stute und Felix Hofmann (v. l.) © J. Hofmann

Die Begeisterung für seinen Beruf ist Felix Hofmann anzusehen. Gemeinsam mit einem Kollegen streift der junge Förster im YouTube-Video durch den bunten Herbstwald vor den Toren Berlins und klärt die Zuschauer darüber auf, was der Wald vor der Haustür mit dem Parkett zu Hause zu tun hat. Der kurze Videobeitrag, im Oktober 2018 unter dem Titel „Unser Wald: Geschäft oder Erholung?“ für das Online-Format „Deutschland3000“ von ARD und ZDF produziert, wurde auf Facebook und YouTube bislang über 230.000 Mal angeklickt.

Das Video ist ein Meilenstein in der kurzen Geschichte des Jungen Netzwerks Forst (JNF), das von Hofmann mitbegründet wurde – nicht nur wegen seiner Reichweite, sondern auch, weil die Initiative zu dem Video gar nicht vom Netzwerk selbst kam: Die Produzenten von „D3000“ hatten sich bei der Recherche nach passenden Ansprechpartnern aus der Forstbranche in den sozialen Medien umgeschaut und waren dort auf das JNF gestoßen. Besser hätte es für Hofmann und seine Mitstreiter in der Startphase ihres Netzwerks nicht laufen können. Sobald die Anfrage kam, sprang das Netzwerk in Aktion: Ein paar Messages, und schon war ein junger Kollege gefunden, dessen Privatwald nahe genug an der Medienmetropole Berlin lag, um den Dreh zeitnah zu ermöglichen. Drei Tage später stand man mit „D3000“-Reporterin Eva Schulz vor laufender Kamera unter märkischen Eichen.

Diese Dynamik in der Öffentlichkeitsarbeit ist neu in der deutschen Forstbranche. Und sie ist dringend notwendig, meinen Hofmann, der hauptberuflich für die Niedersächsischen Landesforsten arbeitet, und sein Mitstreiter Alexander Stute, der beim Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Hessen tätig ist. Im Interview mit der Forstzeitung erklären die beiden JNF-Gründer, warum.

Herr Hofmann, Herr Stute, der Deutsche Forstverein widmet sich seit 120 Jahren dem Ziel, die Rahmenbedingungen für den Wald und seine nachhaltige Bewirtschaftung in Deutschland zu verbessern. Bis vor Kurzem kam er dabei ohne Nachwuchsorganisation aus. Wie kam es 2017 zur Gründung des Jungen Netzwerks Forst?

Hofmann:
Die von Ihnen angesprochenen Rahmenbedingungen sind heute komplexer denn je: Während nicht produktionsbezogene Waldfunktionen an Bedeutung gewinnen, schwindet in der immer stärker urbanisierten Bevölkerung das Bewusstsein für den Zusammenhang von Urproduktion und eigenem Konsum. Die Forstbranche genoss bei uns lange Zeit großes Vertrauen, sieht sich aber heute einem zunehmenden Erklärungs- und Rechtfertigungsdruck ausgesetzt. Auch wir als junge Förster beobachten, dass unsere Leistungen, gerade auch im Hinblick auf Waldfunktionen wie Natur-, Arten- und Klimaschutz, oft nicht ausreichend gewürdigt werden. Um aber das Bewusstsein der Öffentlichkeit für den Wert unserer multifunktionalen Forstwirtschaft zu erhalten, ist effektive Kommunikation gefragt. Mit den klassischen Kommunikationsmitteln und traditionellen Foren unserer Branche stoßen wir zunehmend an Grenzen – vor allem, wenn es darum geht, die jüngere Generation zu erreichen. Als Alexander und ich vor ein paar Jahren als Berufseinsteiger dem DFV beitraten, erkannten wir diese Grenzen auch dort. Daraufhin stellten wir uns die Frage: „Wie können wir, ganz im Sinne der Ziele des Forstvereins, ein Netzwerk schaffen, das genau diese Grenzen durchbricht – im Inneren wie nach außen.“

Was genau ist das Junge Netzwerk Forst? Wie ist es aufgebaut? Wer darf mitmachen?

Stute: Das JNF versteht sich als Treffpunkt für Forstnachwuchskräfte aus ganz Deutschland. Die Grundidee war, junge, waldbegeisterte Menschen aus allen Waldbesitzarten und Berufsgruppen der Forstbranche in einem Netzwerk zu vereinen. Durch Kontaktpflege, Wissens- und Erfahrungsaustausch wollen wir unser gemeinsames Selbstbewusstsein stärken – als Erben und Erbinnen einer seit Jahrhunderten in und mit der Natur wirtschaftenden Zunft. Gleichzeitig wollen wir die Kommunikationsdynamik unserer Branche verbessern. Das JNF soll eine zentrale Plattform für den Zukunftsdialog unserer Branche werden. Intern wollen wir forstfachliche und karriereorientierte Themen diskutieren. Nach außen hin wollen wir proaktiv für die Leistungen unserer Branche werben und uns konstruktiv in relevante gesellschaftliche Diskurse einbringen.

Hofmann:
 Was die Organisation betrifft, so sind wir wie der DFV föderal aufgebaut und gliedern uns in elf Landesnetzwerke. Die Mitgliedschaft im JNF steht jedem waldinteressierten Menschen offen. Sie ist nicht an forstliche Qualifikationen gebunden, auch nicht an eine Mitgliedschaft im DFV. Vielmehr hoffen wir, dass, wer sich bei uns engagiert, langfristig auch im DFV aktiv wird. Das Mitgliedsalter im JNF ist auf 17 bis 40 Jahre beschränkt. Jedem der elf Landesnetzwerke steht ein(e) Landesvertreter(in) vor. Diese Person nimmt in der Regel auch an den Vorstandssitzungen ihres Landesforstvereins teil – überwiegend als beratendes Mitglied. Den Bundesvorstand des JNF bildet ein dreiköpfiges Leitungsteam, bestehend aus zwei Sprechern und einem Geschäftsführer – derzeit Alexander und mir sowie Max Axer. Durch den föderalen Aufbau ist es uns gelungen, im gesamten Bundesgebiet Ansprechpartner mit Kenntnissen der regional vorherrschenden Herausforderungen zu etablieren. Zudem streben wir an, an jeder forstlich relevanten Hochschule in Deutschland mindestens einen Vertreter beziehungsweise eine Vertreterin zu haben. An fünf Hochschulen ist dies bereits gelungen. Da unsere demokratischen Strukturen noch im Aufbau sind, wurden die derzeitigen Landes- und Hochschulvertreter per Ausschreibung vom Leitungsteam bestimmt, in enger Zusammenarbeit mit den Landesnetzwerken, die sich bemüht haben, geeignete Kandidaten zu finden. Wir vom Leitungsteam übernahmen unsere Ämter als Initiatoren der Bewegung auf unserer Gründungsveranstaltung im Mai 2017 auf der Forstvereinstagung in Regensburg. Schon damals war das Interesse an der Initiative groß: Unser Gründungsworkshop war komplett ausgebucht. Mittlerweile engagieren sich rund 600 Mitglieder im JNF, Tendenz steigend. Mit rund 30% weiblichen Mitgliedern spiegelt unser Netzwerk zudem den positiven Trend hin zu mehr Frauen in der Forstwirtschaft wider.

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Das JNF will die junge Forstszene vernetzen und Brücken zur forstfernen Öffentlichkeit bauen. © F. Hofmann

Sie haben als eines Ihrer Ziele die Verbesserung der Kommunikationsdynamik der Forstbranche angesprochen. Was zeichnet das JNF hier aus?

Stute: Bei unserer Kommunikation, sei es im Netzwerk oder mit der Öffentlichkeit, spielen die Neuen Medien eine zentrale Rolle. Das Herzstück des JNF bildet die für alle Mitglieder zugängliche Mailinglist, über die ein Großteil des internen Austauschs stattfindet. Hier werden etwa regionale Netzwerktreffen angedacht und organisiert. Diese Treffen können unterschiedlichster Natur sein – von Kommunikationsseminaren bis hin zu Fachexkursionen. Die Hauptschnittstellen zur Öffentlichkeit bilden unsere Auftritte auf Facebook und Instagram, für die das Leitungsteam verantwortlich ist. Das JNF versteht sich als Brückenbauer. Wir wollen mit- und nicht übereinander reden. Das gilt für die interne Kommunikation ebenso wie für unsere Teilnahme am öffentlichen Diskurs. Die eingangs angesprochene Bewusstseinslücke zwischen Verbraucher und Urproduktion – wir wollen versuchen, sie zu schließen.

Hofmann: Über die sozialen Medien verbreiten wir einfache Botschaften aus dem Berufsalltag unserer Mitglieder. Dabei stellen wir immer wieder den Bezug zwischen dem Waldprodukt und seiner Herkunft her, zum Beispiel: „Holz aus der Region – Stühle, Eisstiel und Papier machen wir!“ Damit wollen wir in den Alltag der Verbraucher eindringen, ohne sie mit Informationen zu überlasten. Wir wollen Interesse wecken, Bewusstsein schaffen und an der einen oder anderen Stelle eben auch aufklären. Es geht uns darum, als junge Förster und Försterinnen unsere Leidenschaft für die Arbeit im Wald zu vermitteln und auf diese Weise zur Verbreitung eines positiven Images der Forstwirtschaft beizutragen.

Stute: Außerdem suchen wir über die sozialen Medien den direkten Austausch mit Naturschutzverbänden und anderen NGOs. Gemeinsame Diskussionsveranstaltungen sind angedacht, etwa nach dem Motto: „Zeige mir deinen Einkaufskorb, und ich sage dir, worüber wir reden müssen.“ Unsere Mitglieder sind aufgefordert, sich mit Ideen und Tatkraft einzubringen und unsere Rolle durch einen kontinuierlichen, kritischen, aber konstruktiven und offenen Dialog weiterzuentwickeln.

Der DFV ist nur einer von vielen forstlichen Akteuren in Deutschland. Daneben gibt es unter anderem die Waldbesitzerverbände, die Landwirtschaftskammern und als berufsständische Vertretung den Bund Deutscher Forstleute (BDF). Letzterer hat ebenfalls eine Nachwuchsorganisation. Als Dachorganisation für die Branche wäre noch der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) zu nennen, dem auch Hochschulvertreter angehören. Wo positioniert sich das JNF in diesem Organisationsgeflecht?

Hofmann: Wie bereits angesprochen, sehen wir uns als Brückenbauer – als Vernetzer der nachwachsenden Generation der Forstschaffenden über alle Berufsgruppen und Waldbesitzarten hinweg, als Impulsgeber aus der Perspektive des Nachwuchses sowie als Sprachrohr zur jungen Öffentlichkeit und als Kommunikationskanal zur NGO-Szene. Daneben ist die Weiterbildung unserer Mitglieder ein Eckpfeiler unserer inhaltlichen Ausrichtung. Deswegen fühlen wir uns auch unter dem Dach des Forstvereins so pudelwohl und können uns vollumfänglich mit dessen Ausrichtung identifizieren. Die offizielle berufsständische Vertretung überlassen wir Organisationen wie dem BDF, der das Mandat dazu hat und sich schwerpunktmäßig mit diesen Fragen beschäftigt, auch in seiner Jugendorganisation. Auch forstpolitisch streben wir keine Rolle an, die über das Selbstverständnis des DFV hinausginge, denn auch dafür gibt es in den von Ihnen genannten Organisationen in ausreichendem Maße offizielle Gremien, die in Mandat und Ausrichtung dafür qualifiziert sind.

Welche Erfolge kann das JNF in der kurzen Zeit seines Bestehens schon verbuchen?

Stute: Da ist vornehmlich die schnelle Entwicklung der Vernetzung zu nennen: Schon wenige Monate nach unserer Gründung 2017 waren wir in allen Landesforstvereinen präsent. Dazu kommt eine wachsende Zahl an Hochschulen. Auf zahlreiche regionale Netzwerktreffen und Informationsveranstaltungen folgte im März 2018 unsere erste Jahrestagung in Nürnberg, bei der Vorträge und Workshops zu den Themen Kommunikation und Konfliktmanagement im Mittelpunkt standen. Außerdem haben wir mit „jungen Themen“ Einfluss auf die Agenda der diesjährigen Forstvereinstagung genommen, die im Mai 2019 in Dresden stattfinden wird.

Hofmann: In Sachen Öffentlichkeitsarbeit ist vor allem unsere Präsenz in den sozialen Medien zu nennen: Das JNF ist hier mittlerweile einer der aktivsten forstlichen Akteure. Zu unseren Postings auf Facebook und Instagram finden rege Diskussionen statt, besonderes unter jungen Nutzern. Unsere Follower-Zahl liegt zwar mit wenigen Tausend noch weit unter dem Influencer-Niveau, das man etwa aus der Lifestyle-Szene kennt, kann sich aber im Vergleich zu anderen forstlichen Akteuren, die zum Teil schon weitaus länger online sind, durchaus sehen lassen – vor allem auf Instagram, das Facebook in der Generation unter 25 immer mehr ablöst.

Wir wollen unsere Vernetzung ins Ausland ausdrücklich ausbauen – auch nach Österreich!



Wie geht es jetzt weiter? Was ist als Nächstes geplant?

Stute: Unsere dezentrale Netzwerkstruktur hat sich bewährt. Wir wollen die regionalen Netzwerktreffen bundesweit ausweiten und zugleich regional verdichten. Die sozialen Medien helfen dabei, Mitglieder und Gäste schneller und gezielter zu erreichen. Daher wollen wir unsere Reichweite hier ausdehnen. Dafür benötigen wir allerdings finanzielle Mittel und sind auf Spenden angewiesen.

Um bei diesem Stichwort zu bleiben: Wie finanziert sich das JNF?

Hofmann: Das JNF basiert in erster Linie auf ehrenamtlichem Engagement. Die Bereitschaft dazu soll auf unseren Veranstaltungen gestärkt werden. Wir betrachten unser Netzwerk als einen Motor für das Ehrenamt im ländlichen Raum. Über ein festes Budget, etwa als Teil des DFV-Haushalts, verfügen wir derzeit nicht. Der DFV unterstützt uns allerdings bei einzelnen Veranstaltungen. So wird etwa unser „Starterpaket“ vom Verein gesponsert, das neue Mitglieder erhalten. Darin ist neben Informationsmaterial zu Wald und Forstwirtschaft auch Merchandise enthalten. Als echter Merchandise-Hit hat sich unser Kaffeebecher mit dem JNF-Logo erwiesen, den wir mittlerweile online verkaufen. Selbst Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat bereits einen, dank eines Treffens mit JNF-Mitgliedern bei der Ausrufung des Baums des Jahres 2018 in Berlin. Gerüchten zufolge soll die Bundeskanzlerin in einer anschließenden Kabinettssitzung neidvoll zum Becher der Ministerin hinübergeblickt haben.

Wie sieht es mit der internationalen Vernetzung aus? Welche Verbindungen hat das JNF hier schon? Was ist noch vorstellbar?

Hofmann: Wir begrüßen eine Ausweitung der Initiativen unserer „Waldbewegung“ über die Grenzen Deutschlands hinweg. Hier gibt es große Potenziale, da viele forstliche Berufseinsteiger heute bereits während des Studiums Auslandserfahrung sammeln und sich auf Eigeninitiative hin international vernetzen. Offiziell bestehen allerdings bislang nur lose Verbindungen zwischen dem JNF und ausländischen oder internationalen Akteuren. Zum Beispiel sind einige unserer studentischen Mitglieder in der IFSA [International Forestry Students' Association, Anm. d. Red.] aktiv. Wir arbeiten derzeit daran, die so entstandenen Auslandsverbindungen ins JNF einzubinden.

Stute: Wir wollen unsere Vernetzung ins Ausland ausdrücklich ausbauen – auch nach Österreich! Daher laden wir unsere jungen österreichischen Kolleginnen und Kollegen an dieser Stelle ganz herzlich ein, uns in den sozialen Medien zu folgen und – besser noch – einen eigenen Zweig des JNF innerhalb des Österreichischen Forstvereins zu gründen. Für weitere Informationen und Zusammenarbeit sind wir gerne erreichbar.

Herr Stute, Herr Hofmann, vielen Dank für dieses Gespräch!

Mehr Infos über das JNF gibt es auf der Website des Deutschen Forstvereins. Wer mit dem Netzwerk interagieren möchte, kann dies über die JNF-Profile auf InstagramFacebook und Xing tun sowie unter den Hashtags #weilderwaldnachwuchsbraucht auf Instagram, #kontruktiveseinmischen auf Webstagram und #diewaldbewegung auf Gramha.

Videoempfehlung: „Deutschland3000: Unser Wald – Geschäft oder Erholung?“