Bis vor Kurzem wurden Aufnahmen im Zuge von Waldinventuren beinahe ausschließlich durch die händische Messung im Gelände mithilfe mechanischer oder optischer Messinstrumente durchgeführt. Im Rahmen einer Masterarbeit wurde eine „digitale Waldinventur“ mit personen- und flugzeuggetragenen Laserscannern durchgeführt. Das Ziel war die präzise Schätzung der Holzvorräte für den Betrieb, seine Reviere und für alle Bestände.
Die automatisierte Entdeckung und Vermessung von Einzelbäumen mithilfe terrestrischer (TLS) und personengetragener Laserscanner (PLS) wurde in den vergangenen Jahren erfolgreich erforscht und findet derzeit gerade ihren Weg in die forstliche Praxis. Ergebnis der Aufnahme mit dem handgetragenen PLS ist ein exaktes 3-dimensionales Abbild der Umgebung in Form einer Punktewolke, einem „digitalem Zwilling“. Von den Bäumen in diesem digitalen Zwilling können mit speziellen Algorithmen die Position, der Durchmesser, die Höhe, das Einzelbaumvolumen und sogar Kronenparameter bestimmt werden. Die Anwendung dieser Systeme ist jedoch aufgrund der beschränkten Flächeneffizienz nur auf Stichprobepunkten oder Dauermonitoringflächen sinnvoll.
Großflächige Information zu ganzen Waldbeständen oder Forstbetrieben können effizient mit flugzeuggetragenem Laserscanning (Airborne Laserscanning – ALS) gewonnen werden. Aus diesen Aufnahmen können genaue Gelände- und Oberflächenmodelle abgeleitet werden. Für die Auswertung von Einzelbauminformationen ist der Detailgrad der ALS-Daten jedoch meist zu gering.
Das Ziel der modernen Waldinventur ist es, präzise Abschätzungen der Holzvorräte für verschiedene räumliche Einheiten (Bestand, Revier, Betrieb) zu liefern. Die Lösung dafür liegt in der Verknüpfung von den stichprobenartigen, detaillierten PLS-Aufnahmen mit den flächendeckenden, gröberen ALS-Aufnahmen.
Modell für flächenscharfe Vorratsschätzung
Im Rahmen der Masterarbeit von Valentin Sarkleti am Institut für Waldwachstum an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) wurde in Kooperation mit dem Forstbetrieb Franz Mayr-Melnhof Saurau in der Steiermark eine „digitale Waldinventur“ mit PLS und ALS durchgeführt.
Für die Durchführung der digitalen Waldinventur konnten im Zuge dieser Masterarbeit 255 Stichprobenpunkte – verteilt über den gesamten Forstbetrieb – gescannt werden. Eingesetzt wurde dabei der GeoSLAM ZEB Horizon, ein handgetragenes Gerät mit einer Detektionsrate von 300.000 Laserimpulsen pro Sekunde. Die globale Verortung der Stichprobenplots geschah mit einer RTK-fähigen GPS-Antenne. Weiters erfolgte im selben Jahr eine flächendeckende Befliegung zur Aufnahme von hochaufgelösten ALS-Daten. Auch das ALS liefert als Ergebnis der abgetasteten Landschaftsoberfläche 3D-Punktwolken. Diese sind allerdings nicht so detailliert wie die digitalen Zwillinge aus dem PLS. Die ALS-Punktwolken besitzen nur sehr wenige Messungen in der Höhe der Baumschäfte, weil ein großer Anteil der Laserstrahlen, die von einem Flugzeug oder von einer Drohne ausgesendet werden, das Kronendach nicht durchdringen können.
Aus diesen Punktewolken kann aber zumindest die Geländeform wie auch die Vegetationshöhe errechnet werden. Die hohe Korrelation zwischen der Vegetationshöhe an den Stichprobepunkten und den gemessenen Holzvorräten aus den PLS-Aufnahmen dient als Grundlage für das Vorhersagemodell. Diese Vorhersage ist letztendlich umso präziser, je genauer die Lage der Stichprobenpunkte im Gelände bekannt ist.
Um das statistische Modell, das an den PLS-Stichprobenplots „trainiert“ wurde, auch räumlich einsetzen zu können, muss eine Vorhersageeinheit definiert werden. Hierzu wurde ein Raster mit quadratischen Pixeln, mit derselben Flächenausdehnung wie die Stichprobenplots (20 m-Radius) über den gesamten Forstbetrieb gelegt. Die einzige Eingangsgröße für das Modell stellte die mittlere Vegetationshöhe dar, woraus ein äußerst robustes und leicht beherrschbares Modell mit leicht zu argumentierenden Resultaten entsteht.
Durch das eingesetzte Verfahren werden nicht nur die Holzvorräte geschätzt, sondern auch zu jeder Prognose ein Schätzfehler angegeben. Dieser Fehler beträgt für den gesamten Betrieb 2,66%. Für die einzelnen Forstreviere mit einer durchschnittlichen Größe von 3.400 ha beläuft sich der Vorhersagefehler im Mittel auf 3,72%. © Valentin Sarkleti
Präzise Vorratsmodellierung mit Fehlerangabe
Die Ergebnisse (Holzvorräte) des finalen Modells für jedes einzelne Pixel können dank moderner statistischer Verfahren für jedes beliebige räumliche Objekt, zum Beispiel Bestände, Reviere oder für einen gesamten Forstbetrieb zusammengefasst werden. Die mittleren Holzvorratsschätzungen für jeden Bestand wurden in Vorratskarten für jedes Forstrevier grafisch dargestellt und können in gewöhnliche GIS-Systeme eingespielt werden. Durch das eingesetzte Verfahren werden nicht nur die Holzvorräte geschätzt, sondern auch zu jeder Prognose ein Schätzfehler angegeben. Dieser Fehler für die Vorratsvorhersage des gesamten Betriebes beträgt 2,66%. Bei einzelnen Beständen können höhere Fehlerwerte auftreten – meist auf Blößen und in Jungwuchsbeständen, bei denen kaum messbare Vorräte festgestellt werden und somit wenige Festmeter Abweichung zu hohen prozentualen Fehlern führen. Diese Flächen haben aufgrund des geringen Anteils am Gesamtvorrat jedoch kaum Auswirkung auf das Ergebnis.
Praxistest an Referenzflächen
Um die Qualität des entwickelten Modells und der Vorratsprognosen zu überprüfen, wurden einige Referenzbestände mit dem PLS komplett gescannt und so der tatsächliche Holzvorrat dieser Bestände als Referenzgröße ermittelt. Daraufhin wurde für diese Bestände der Holzvorrat mit dem Modell geschätzt und für jeden Bestand ein 90-prozentiges Glaubwürdigkeitsintervall angegeben, in dem sich laut Modellschätzung der wahre Vorrat des Bestandes mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von 90% befindet. Die Hektarvorräte der Referenzbestände konnten mit einer Korrelation von 94%, einem durchschnittlichen Fehler von 72 Vfm, einem mittleren prozentualen Fehler in Höhe von 1,95% und einer mittleren Abweichung (Bias) von 7,47 Vfm geschätzt werden. Die tatsächlichen Holzvorräte aller sieben Testbestände lagen innerhalb der angegebenen Glaubwürdigkeitsintervalle der Modellschätzung.
Ausblick
Verglichen mit den Aufwendungen für eine traditionelle Waldinventur ist der Zeit- und Arbeitsaufwand für die digitale Waldinventur deutlich geringer. Dadurch können die Forstbetriebe Kosten einsparen und für manche kleinere Betriebe wird eine Waldinventur nun erst leistbar. Zusätzlich erhält man mit den digitalen Zwillingen ein detailgetreues und nahezu verlustfreies Abbild der Wirklichkeit, anhand derer auch nachträglich weitere erwünschte Auswertungen vorgenommen werden können. Die für die voll automatisierte Auswertung erstellten Workflows können bei einer neuerlichen Inventur oder bei Schadereignissen schnell und einfach übernommen werden. So kann bei bekannter Ausdehnung eines Schadereignisses dank in Österreich flächendeckend vorhandener ALS-Datensätze in kürzester Zeit eine Berechnung der angefallenen Schadholzmenge erfolgen. Derzeit laufen unter der Federführung des Instituts für Waldwachstum mehrere Forschungsprojekte, in denen die Einsatzzwecke und die bedienerfreundliche Anwendung von lasergestützten Systemen in der Forstwirtschaft erforscht werden. Vor allem durch den bereits erfolgten Einbau von Laserscannern in mobile Low-Budget-Endgeräte wie das iPhone wird die Laserscanning-Technologie und die digitale Waldinventur künftig auch für private Waldeigentümer und andere interessierte Anwender zugänglich.