Elefantenreigen

Wenn man Produktionshallen am Werksgelände der WESTTECH Maschinenbau GmbH in Prambachkirchen betritt, wird man sich seiner eigenen Kleinheit bewusst: Riesige Roboter heben und schwenken schwere Metallkomponenten, bohren, entgraten und schweißen. Sie bewegen sich dabei im Takt eines geheimen Algorithmus, einer unhörbaren Musik. Von einer enormen Eigenfertigungsrate spricht in diesem Zusammenhang Simone Hehenberger aus der Marketingabteilung des Hauses, die mich über das Gelände und durch die Hallen begleitet. Und davon, dass man dadurch das Know-how im Unternehmen behalten könne. Dieser Zugang habe sich nicht zuletzt am Höhepunkt der Corona-Krise 2022 bewährt. „Wir konnten eigentlich durcharbeiten“, erinnert die junge Marketing-Leiterin.

Self-made Man
Wie so oft hat alles begonnen mit einem Anwender von Maschinen, der mit dem am Markt Gebotenen nicht ganz zufrieden war. Der über Verbesserungen nachdachte, sie umsetzte und dann überhaupt eigene Lösungen ersann. Im Falle von WESTTECH war dies Werner Steininger, Sohn eines Landwirtes und Waldbesitzers, der nach einer effizienten Art des Holzspaltens von Baumstämmen für die Hackschnitzelerzeugung suchte und das Konzept der Spaltzange austüftelte – für den Eigengebrauch, versteht sich. Da aber Bauern selten entgeht, was die bäuerlichen Nachbarn bei ihrer Arbeit so machen, stellte Werner Steininger solche Greifersägen in verschiedenen Größen bald auch für sie her. Und eigentlich tut er das bis heute. Nur ist er, nachdem die Spaltzange auf der Interforst 2005 in München gezeigt worden war, heute ein Unternehmer mit 80 Mitarbeitern und verschifft 95% seiner Erzeugnisse in die ganze Welt. Seine unverwüstlichen Spaltzangen, Schneid- und Fällköpfe sowie Roderechen und -scheren finden begeisterte Kunden von Neuseeland und Südamerika bis in die sibirische Taiga.

Schneiden – fällen – spalten
Aus Prambachkirchen werden heute Spaltzangen in allen Größen und für Trägergeräte bis zu 60 t ausgeliefert. Der ursprünglich dafür kreierte Markenname „Woodcracker“ bezeichnet heute aber beinahe alle Produkte aus dem Hause WESTTECH. Geräte dieses Namens spalten nicht nur Bloche, sie schneiden und fällen Bäume und Sträucher, sie säubern gerodete Flächen und entnehmen Wurzelstöcke. „Unsere Woodcracker-Produktpalette deckt damit die vollständige Kette der Holzlogistik ab. Mit dieser großen Bandbreite sind wir in unserem Geschäftsbereich einzigartig gut aufgestellt. Dank einer stark besetzten Konstruktionsabteilung und einer großen Fertigungstiefe können wir sehr rasch und flexibel auf neue Anforderungen reagieren“, konstatiert der Firmengründer mit einigem Stolz.

Roboter-Präzision und manuelle Sensorik
Konzentriert beobachtet ein Maschinist den Roboterarm, der in einer vollverglasten Kabine Löcher in einen Stahlblock bohrt. Zirkulierende Fontänen aus Wasser, das zu Zwecken der Kühlung und des Spanabtransports durch winzige Kanäle des Bohrwerkzeugs gedrückt wird, spritzen von innen gegen die Scheiben der Kabine. Davon lässt sich der WESTTECH-Mitarbeiter nicht beirren und tippt mit ruhiger Hand Steuerbefehle in sein Switchboard. „Wenn auch viele Prozesse schon automatisiert  sind, gibt es immer noch viel, was am besten handwerklich durchzuführen ist. Nur der Mensch, der Prozesse versteht, vereint manuelle Sensorik mit dem nötigen Kontrollblick auf ein Werkstück“, erklärt Simone Hehenberger, als wir bei einer abgedunkelten Schweißstation vorbeikommen, an der ein Mitarbeiter unter hell sprühenden Funken an einem Greifer eine schwierig zu setzende Schweißnaht anbringt.

Als dann der Chef und Firmengründer, Werner Steininger, selbst erscheint, um dem Gast „Hallo“ zu sagen, hat das auf die rundum werkenden Mitarbeiter die Wirkung, dass sich die Stimmung weiter aufhellt. Der sportlich wirkende Herr mit dem graumelierten Haar scherzt gern, die Menschen scheinen sich in seiner Nähe wohl zu fühlen – auch nicht alltäglich für einen Chef. „Ich schaue auf meine Leute, ich weiß, wie schwierig gute Mitarbeiter*innen zu finden sind. Ich bilde derzeit zehn Lehrlinge aus – in mehreren Lehrberufen. Mein Ziel ist, dass sie einmal bleiben wollen und die Tätigkeit gefunden haben, die ihnen am besten entspricht. Das ist schließlich auch für die Firma das Beste“, argumentiert Werner Steininger. Zum Wohlfühlen am Arbeitsplatz gehört auch eine kleine Werkskantine, in der jeden Tag frisch gekocht wird. Teambuilding funktioniert eben bei gutem Essen noch besser.

Kathodisch pulverbeschichtet
Ausgelagert wird bei WESTTECH nicht die Energieerzeugung: Werner Steininger erzählt mir, dass er mit Photovoltaik am Hallendach während zwei Dritteln des Jahres völlig stromautark arbeitet. Im Winter sorgt die eigene Hackschnitzelheizung für Wärme und zusätzliche Energie für die Werkshallen und Büros. Was aber durchaus ausgelagert wird, ist die kathodische Pulverbeschichtung der Metallteile. „Alles ist auf Langlebigkeit und Solidität ausgerichtet – jeder Einzelteil und das Gesamtprodukt. Sie müssen klaglos funktionieren, auch wenn einmal die Prüfungsroutinen nicht planmäßig erfolgt sein sollten und auch unter extremen Bedingungen an abgelegenen Orten“, erklärt Werner Steininger.
Jeder am Werksgelände in Prambachkirchen scheint freundlich und „gut drauf“ zu sein. Als dann der Abschied kommt, habe ich nicht das Gefühl, der Besuch bei einem Unternehmen, sondern eher bei einer Familie gehe zu Ende. Auch ich habe mich hier wohlgefühlt.