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Die Forstweltmeisterschaft 2024 auf der Wiener Donauinsel birgt die Hoffnung einer im Vorjahr äußerst erfolgreichen österreichischen Nationalmannschaft bei der WM in Estland. © IALC

Interview WLC24-Koordinator Hubert Malin

Wiederholt sich der Triumph in Rot-Weiß-Rot?

Ein Artikel von Robert Spannlang | 22.08.2024 - 10:12
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WLC24-Chefkoordinator Hubert Malin: „Das wird Spannung pur, Adrenalin pur, wenn die Motorsägen auf der Motorinsel heulen werden!“ © www.meznar.media

Die Forstweltmeisterschaft in Estland im Vorjahr war aus österreichischer Sicht ein voller Erfolg (sh. Waldtec 8/2023, S. 12). Das sind also gute sportliche Rahmenbedingungen für die Heim-WM, die vom 19. bis 22. September auf der Donauinsel in Wien publikumswirksam über die Bühne gehen wird. Im Gespräch gibt der Chef-Koordinator der International Association Logging Championships (IALC) für die WLC24 Einblicke in die Vorbereitung für das Spektakel, an dem 107 Wettkämpfer*innen aus 23 Nationen teilnehmen werden.

Herr Malin, wie sind Sie eigentlich an diesen Job als Chef-Koordinator für die WLC24 in Wien gekommen?
Hubert Malin (HM): Ich bin seit 2011 Obmann des damals gegründeten Forstwettkampfvereines Österreich. Wir arbeiten österreichweit im nationalen Organisationsteam sehr gut zusammen und können auf die Unterstützung vieler Helfer*innen der Landjugend Österreich und von Fachkräften aus der Forstbranche zählen. Dazu kommt, dass wir in den vergangenen Jahren viele Erfolge bei internationalen Wettkämpfen einfahren konnten.

Was waren denn die größten Erfolge bisher?
HM: Die erste WM mit dem Forstwettkampfverein war jene 2012 in Weißrussland. Damals haben wir gleich einige Medaillen erringen können. Seither konnten sich unsere Wettkämpfer*innen kontinuierlich steigern. Das ist auf die perfekte Vorbereitung durch unseren Nationaltrainer Armin Graf, ehemaliger forstlicher Lehrer an der land- und forstwirtschaftlichen Ausbildungsstätte Litzlhof in Kärnten, zurückzuführen. Er hat offenbar ein besonderes Händchen für seine Athlet*innen.

Seit wann gibt es diese Forstweltmeisterschaften?
HM: 1970 wurde die erste WM von Ungarn und dem damaligen Jugoslawien gemeinsam organisiert. Anfangs wurden sie jedes Jahr veranstaltet, seit 1996 alle zwei Jahre. Heute wird sehr viel mehr Aufwand betrieben als damals. Ohne Verein und ohne Unterstützung durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft und Sponsoren wäre es nahezu unmöglich, Wettkämpfer*innen zu solchen Weltmeisterschaften zu entsenden. Es ist einfach ein zu hoher Kosten- und Organisationsaufwand.

Welche war die erste Forst-WM, die Sie persönlich miterlebt haben?
HM: Das war 1993 anlässlich der Forstmesse in Luzern in der Schweiz. 1994 war ein Mitarbeiter von mir im Nationalteam bei der WM in Rumänien dabei. Österreich konnte damals das erste Mal die „Mannschaftsweltmeisterschaft“ – die Königsdisziplin jeder Forst-WM – gewinnen. Österreich hat diesen Titel seitdem fünfmal geholt. Bei der WLC 2000 hat Herwig Erhard aus Vorarlberg das erste Mal den Gesamtweltmeistertitel für Österreich gewinnen können.

Aus welchen Bundesländern kommen denn die stärksten heimischen Wettkämpfer*innen?
HM: Es kamen in der Vergangenheit sehr erfolgreiche Wettkämpfer*innen aus allen Bundesländern. Aktuell sind nach einer harten Qualifikation Vertreter*innen aus Kärnten, der Steiermark, Niederösterreich und Tirol im A- und B-Team der WLC24.
Gibt es eine Art Vereinswesen für Forstwettkämpfe auf regionaler oder Landesebene?
HM: Österreich hat eine lange Tradition bei Forstwettkämpfen. Es gibt sie auf Landes- und auf Bundesebene und seit vielen Jahren haben sich auch Schülermeisterschaften erfolgreich etabliert. Schulteams von über 20 österreichischen land- und forstwirtschaftlichen Schulen, herausragend die LFS Litzlhof, sind auch international gut bekannt. Forstliche Wettkampfvereine wurden in Tirol, der Steiermark und zuletzt in Salzburg neu gegründet. Die Steirer sind wieder ganz vorne dabei. Eine ähnliche Entwicklung findet derzeit auch in Salzburg statt. Über den „Litzlhof“ hat Kärnten unter den Bundesländern aktuell sehr gute Rahmenbedingungen für junge Forstwettkämpfer*innen. Auch Niederösterreicher platzieren sich, damals ausgehend von Waldviertler Forstwettkämpfern, immer wieder ganz vorne. In Tirol und Vorarlberg waren es herausragende Einzelwettkämpfer, die Jugendliche inspiriert und trainiert haben.

Sehen Sie darin die Ursache für den gewaltigen österreichischen Triumph bei der vergangenen Forstweltmeisterschaft in Estland 2023?
HM: Estland war in der Tat ein Triumph in Rot-Weiß-Rot. Immerhin hat das österreichische Wettkampfteam die Hälfte aller Goldmedaillen und knapp ein Drittel aller möglichen Medaillen errungen. Das ist auf die perfekte Vorbereitung des Nationalteams durch Armin Graf und Johannes Kröpfl und ihre Helfer zurückzuführen. Hier wurde die Arbeit im Team in den vergangenen Jahren enorm professionalisiert. Bei den Damen stellt das österreichische Wettkampfteam die amtierende Gesamtweltmeisterin und sogar die Europameisterin. So haben wir auch für dieses Jahr eine der Top - Mannschaften bei der WLC. Das ist sicher eine ideale Voraussetzung für die Heim-WM!

Wie beurteilen Sie die Wiener Donauinsel als Veranstaltungsort?
HM: Die Wiener Donauinsel war für uns als Bundes-Forstwettkampfverein und das nationale Organisationskomitee die absolute Wunsch-Location, denn wir wollten unsere Wettkämpfer*innen auch bei der urbanen Bevölkerung ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Wir wollten keine „Insiderveranstaltung“, sondern wir wollen an die Öffentlichkeit mit der Hoffnung, dass möglichst viele Zuseher*innen aus Wien und dem übrigen Bundesgebiet die WLC24 vor Ort mitverfolgen werden. Wettkämpfer*innen, die Betreuerteams und auch Zuseher*innen aus dem In- und Ausland können tatsächlich mit der U-Bahn auf die Donauinsel kommen. Damit sind wir eine klimafreundliche Veranstaltung, die hoffentlich Schule machen wird. Das zu zeigen ist gerade in der heutigen Zeit sehr wichtig. Und nicht zuletzt ist Wien eine extrem attraktive, lebenswerte Stadt. Der Forst- und Klimadirektor von Wien – mein Kollege und Freund Andreas Januskovecz – sagt: „In einer Viertelstunde ist man von jedem Punkt Wiens aus im Wald.“ Wien ist also eine Großstadt, die eine wunderbare Waldausstattung hat. Das hat auch zur Wahl Wiens als Austragungsort der WLC24 beigetragen.

Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie auf der Donauinsel?
HM: Gleichzeitig können sich 4.000 Besucher*innen am Wettkampfgelände aufhalten. Über die gesamten drei Tage der WM hinweg rechne ich schon mit weit über 10.000 Besucher*innen.

Es ist anzunehmen, dass die Fachausstatter der WLC24 diese als Showcase nutzen werden. Wer sind die größten Sponsoren?
HM:
Der IALC hat drei Hauptsponsoren: Stihl, Husqvarna und Pfanner. Für die Forstweltmeisterschaft in Wien sind jedoch zusätzlich finanzielle Mittel erforderlich. Das ist notwendig, denn die Kostensteigerungen durch die Inflation könnten sonst nicht bewältigt werden. Aber wir bekommen die Unterstützung einer Reihe weiterer Vereine, Interessenvertretungen und namhafter Sponsoren aus der Forst- und Holzbranche, ohne die all dies nicht möglich wäre!

Wann hat für Sie die heiße Phase der Organisation der WLC24 begonnen?
HM: Angefangen hat unsere Arbeit mit der erfolgreichen Bewerbung zur Austragung der WLC24 im letzten Jahr.  Die heiße Phase hat dann zu Beginn dieses Jahres begonnen. Am Anfang stand der Gang durch die heimischen Interessenvertretungen, um einen Grundstock an Fördermitteln sicherzustellen. Dann war auch der Besuch von Sponsoren wichtig. Denn erst durch die persönlichen Kontakte öffnen sich Türen! Eines ist klar: Für Österreichs Forst- und Holzwirtschaft ist die Forstweltmeisterschaft eine einmalige Gelegenheit, sich sympathisch und öffentlichkeitswirksam einem großen internationalen Publikum zu präsentieren. Diese Gelegenheit sollten wir nützen! Dies gilt umso mehr in Zeiten von EU-Verordnungen wie Entwaldung und Renaturierung. Da ist es einfach wichtig, unsere forstlichen Ziele klar zu definieren und zu zeigen, welche immense Bedeutung der Forst-Holz-Cluster hat: Zum einen für die vielen Arbeitsplätze am Land, die Erhaltung und Bewohnbarkeit des Alpenraumes – insbesondere im Zeitalter des Klimawandels – und schließlich die Wertschöpfung von fast 1.700 € für jeden Kubikmeter Holz, der einer Weiterverarbeitung zugeführt wird!

Stichwort Bewusstseinsbildung: Sind in jenen Ländern, die bei Forstweltmeisterschaften erfolgreich sind, auch geringere Unfallzahlen bei der Waldarbeit zu beobachten?
HM: Der Forstwettkampf hat bei den Fachsponsoren, die Motorsägen und Schutzausrüstung zur Verfügung stellen, einen großen Innovationsschub ausgelöst. Aber auch Vorschriften zur Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung haben zu einer höheren Akzeptanz draußen im Wald geführt. Beides gemeinsam hat die Unfallzahlen bei der Waldarbeit nachhaltig gesenkt. Ich kann mich gut erinnern, als ich einmal als Schiedsrichter bei einem Forstwettkampf in Deutschland fungiert habe. Da habe ich eine Schnittschutzhose getestet. Die konnte man nicht tragen. In den vergangenen Jahrzehnten hat da eine unglaubliche Entwicklung stattgefunden, die sicherlich durch die Erfahrungen der Forstwettkämpfer beflügelt worden ist. Ähnliches lässt sich auch über die Motorsägen-Technik sagen. Auch hier ist viel Erfahrung von Forstwettkämpfern eingeflossen.
Immerhin ist mittlerweile auch der Begriff „persönliche Schutzausrüstung“ für Forstarbeiter schon längst Standard, was früher wohl nur im Wettkampf gang und gäbe war. Auch Sommerhitze ist kein Problem mehr beim Arbeiten mit Schutzbekleidung?
HM: Hitze ist immer belastend! Die verwendeten Materialien sind aber so hochwertig und an entscheidenden Körperstellen mit Lüftungsschlitzen versehen, dass es keinen Grund mehr gibt, diese im Sommer nicht zu tragen!

Was wünschen Sie sich persönlich für die bevorstehende WLC24?
HM: Ich hoffe natürlich auf ein ähnlich gutes Abschneiden unserer Wettkämpfer*innen wie bei der vergangenen WLC und auf viele Zuseher*innen auch aus den Bundesländern, die das Miterleben. Schön wäre es, wenn Forstbetriebe und Forstunternehmer ihren Forstarbeiter*innen einen Besuch der WLC 24 auf der Donauinsel ermöglichen. Das wird für alle ein Riesenmotivationsschub sein! Aber auch Waldbesitzer*innen sollten sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, Wettkämpfe aus nächster Nähe mitzuerleben. Ich garantiere: Das wird Spannung pur, Adrenalin pur, wenn die Motorsägen auf der Donauinsel heulen werden! Aber so optimistisch ich auch bin, dass unser Team wieder gut „abschneiden“ wird, die Konkurrenz ist sehr stark!

Aus welchen Ländern kommen die stärksten Konkurrenten?
HM: Nun, ganz starke Mannschaften kommen aus Deutschland, Norwegen, der Schweiz, Italien, Slowenien, Tschechien und Finnland. Auch Japan ist nicht zu unterschätzen. Die bereiten sich sehr professionell und akribisch auf Wien vor. Die Japaner haben sowohl im Herren- als auch im Damenteam in jüngster Vergangenheit eine tolle Weiterentwicklung zu verzeichnen. Es gibt in allen antretenden Nationen Teilnehmer*innen, die für Überraschungen sorgen können.

Wie viele Nationen sind insgesamt am Start?
HM:
Wettkämpfer*innen aus 23 Nationen mit insgesamt 107 Wettkämpfer*innen sind angemeldet, davon 20 in den U24-Teams, der Rest sind Profis. Erfreulich sind auch die 15 teilnehmende Damen bei den Bewerben. Ein sehr gut besetztes internationales Feld wird sich vom 19. bis 22. September in Wien präsentieren!

Danke für das Gespräch! Ich wünsche Ihnen alles Gute für die letzten Meter auf der Zielgeraden zur WLC24!

Webtipp: www.wlc24.at