Wie beschreiben wir den Wald – in der Forsteinrichtung, in der statistischen Inventur, in den Apps, die das operative Management unterstützen? Diese Frage stelle ich mir, seit ich vor mehr als 40 Jahren in der Forsteinrichtungsabteilung der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) mein Berufsleben begonnen habe. Dabei war es mir stets wichtig, die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes bestmöglich und kosteneffizient zu unterstützen; es ging mir nie darum, mit hohem Aufwand das Letzte um der Technik willen auszureizen.
Eines hat mich die Erfahrung meiner 40 Berufsjahre jedenfalls gelehrt: Um einen pragmatischen Mittelweg sinnvoller Technologieanwendung für Kunden zu finden, ist es notwendig, an der technologischen Entwicklung und der weltweiten Forschung aktiv teilzunehmen.
Stichprobeninventur und Ertragstafeln
Für gleichaltrige, homogene Monokulturen hat sich die Beschreibung mittels Bestandesparameter wie Alter, Ertragsklasse, Bestockungsgrad seit Jahrhunderten bewährt. Aber wo finden wir noch solche Wälder in Mitteleuropa? Wir verwenden Ertragstafeln, die das Waldwachstum der letzten 100 Jahre für gleichaltrige Reinbestände abbilden, obwohl unser Forstmanagement seit Jahrzehnten daran arbeitet, die Wirtschaftswälder diverser, stabiler, klimaresilienter zu machen. Vielfach wirken auch Borkenkäfer und andere Kalamitäten daran mit, die vormals homogenen Waldbestände aufzulösen und dauerwaldähnliche Strukturen entstehen zu lassen.
Das stellt uns für die Ertragsprognose vor fast unlösbare Aufgaben. Die permanente Stichprobeninventur wurde schon in den 1970er Jahren von Professor Hubert Sterba für das statistische Monitoring in Forstbetrieben eingeführt, mit großen Vorteilen in inhomogenen Wäldern. Doch ist eine klassische permanente Stichprobeninventur teuer, und sie hilft dem Revierleiter beim operativen, auf Kleinflächen bezogenen Planen und Ausführen von Ernte- und Pflegemaßnahmen nicht im Geringsten. Eine bestandesweise Taxation, zusätzlich zur Inventur, ist mit konventionellen Methoden so gut wie unerschwinglich, daher wurde im Zweifelsfall sehr oft auf die Inventur zugunsten der Taxation verzichtet.
Digitale Waldinventur mit einem personengetragenen Laserscanning-System (PLS). © A. Nothdurft, A. Tockner
Laserscanning
Mit Laserscanning aus der Luft und auf dem Boden ändern sich die Voraussetzungen für ein kosteneffizientes Waldmonitoring gerade dramatisch. Der Einzelbaum ist greifbar, und zwar flächendeckend, auch für große Forstbetriebe. Dichtes Laserscanning vom Flugzeug (Airborne Laserscanning – ALS; ~50 Pulse/m²) oder von der Drohne (Unmanned Laserscanning – ULS; 500 Pulse/m²) liefert die Geometrie von Stämmen und Baumkronen inklusive einer Durchmesserschätzung über allometrische Regressionen. Die terrestrischen Laserscanningaufnahmen vom Stativ (terrestrisches Laserscanning – TLS) oder vom Rucksack (personengetragener Laserscanner – PLS) erfassen die Bäume mit Baumkronen im Umkreis von rund 25 m sehr präzise, bis hin zur virtuellen Aufteilung des Stamms in Sortimente.
Mit diesen Daten werden die Regressionen für die Einzelbäume aus ALS- beziehungsweise ULS-Daten geeicht. In Punktwolken können idente Bäume anhand ihrer Positionen auch nach partiellen Fällungen wiedererkannt werden, ohne den hohen Aufwand einer klassischen Permanentinventur in Kauf nehmen zu müssen.
Vorteile eines digitalen Modells
In puncto Genauigkeit können diverse auf Bildverarbeitung aufbauende Methoden (wie etwa Winkelzählproben mit dem Mobiltelefon) nicht annähernd mit PLS oder TLS mithalten. Sie erfassen Bäume im Umkreis von nur 5 m und bis etwa 5 m Stammhöhe. Aus hochaufgelösten Luftbildern kann man zwar die (vermeintlichen) Wipfelpunkte von Baumkronen, aber nicht den Stammfuß kartieren.
Für Waldbesitzerinnen und -besitzer erzeugt die 3D-Repräsentation des Einzelbaums mittels Laserscanning einen deutlichen Mehrwert in vielerlei Hinsicht:
- Forstkarten mit Einzelbäumen (Stammkoordinaten und Kronengeometrie) ab rund 10 m Baumhöhe, unabhängig von Unterabteilungen
- Kartierung von Verjüngung inklusive Verjüngungshöhe auch unter Altholzschirm
- drastische Genauigkeitssteigerung bei Forstinventuren, besonders wichtig bei einem geplanten Handel mit Kohlenstoff-Zertifikaten
- (Beweis-) Sicherung eines Ist-Zustandes mittels 3D-Punktwolken
- Möglichkeit der einzelbaumweisen Wachstumsmodellierung durch Kenntnis der Baumkoordinaten, Kronengrößen und der Konkurrenz zu den Nachbarbäumen
- Ertragskundliche Beurteilung von Bestandeslücken nach Kalamitäten
- Gewinnung von objektiven Biodiversitäts-Kennwerten
- Quantifizierung des liegenden Totholzes
- Erkennung potenzieller Biotopbäume anhand der Baumhöhe und Kronengröße
- regelmäßige fernerkundungsbasierte und automatisierte Datenaktualisierung
- Verwendung von Forst-Management-Tools auf Einzelstammbasis
- Möglichkeit, die Baumart, den Stammdurchmesser und die Kronengröße für die Ernteentscheidung heranzuziehen
- Verschneidung mit Geoinformationen wie Grundstücken, Lageparametern, Schutzgebieten, Bestandesalter, Biotopkartierung, Wuchsgebieten, Klimaprognosen (etwa Dynamischer Waldtypisierung) – vorzugsweise in Echtzeit
Ein erfahrener Revierleiter kann auf all das verzichten, werden Sie vielleicht einwenden. Doch kommen wir immer mehr zur Einsicht, dass der Aufbau von Erfahrung und Revierkenntnis bei hoher Personalfluktuation und zunehmendem Fachkräftemangel im Forstbetrieb schwierig bis unmöglich wird, bei gleichzeitig zunehmender Dynamik durch Klimawandel und Kalamitäten. Die Umstände drängen zu einer 3D-Einzelstamm-Repräsentation im Forstmanagement, erst recht im Kohlenstoffmanagement. Der heutige Stand der Technik ermöglicht diesen Schritt zu vernünftigen Kosten.