Begrünte Terrassen und Balkone sollen das Wohlbefinden der Bewohner fördern und die Biodiversität des Stadtviertels erhöhen. © WAX
Ökosystemleistungen wie Lebensmittelproduktion, Pharmazie, Klimaregulation oder der Nährstoffkreislauf sind stark von einem stabilen Bioökosystem abhängig. Der Verlust an Artenvielfalt durch anthropogene Einflüsse oder den Klimawandel der vergangenen Jahrzehnte hat einen direkten negativen Einfluss auf die menschliche Gesellschaft. 44 Bio. US-$ globale Wirtschaftsleistung hängen direkt oder indirekt von einer intakten Natur und Umwelt ab, geht aus dem Global Risk Report 2023 des World Economic Forums hervor. Ungefähr 70% der Bankkredite in Österreich sind von funktionierenden Ökosystemleistungen abhängig.
Klimaneutraler Kontinent
Die EU plant laut dem „Green Deal“, die Nettotreibhausemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55% zu reduzieren und bis 2050 keine Treibhausgase mehr auszustoßen. Ein weiteres Ziel ist es, bis Ende dieses Jahrzehnts zusätzlich 3 Milliarden Bäume in den EU-Ländern zu pflanzen.
Die UN Environment Programme Finance Initiative (UNEP FI) hat Richtlinien für die klima- und umweltspezifische Umsetzung im Bankwesen entwickelt. Laut eigener Aussage hat die RBI 2021 als erste österreichische Bankengruppe diese Prinzipien für verantwortungsvolles Bankenwesen unterzeichnet.
Die Europäische Zentralbank (EZB) und die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) haben einen Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken erstellt und seit 2021 ein umfassendes Aufsichtsprogramm für größere Kreditinstitute eingeführt. Zudem fordert die Europäische Bankenaufsicht (EBA) die Offenlegung des ESG-Risikomanagements.
Biodiversität als Chance
Der Schutz der Biodiversität sichert natürliche Ressourcen und reduziert finanzielle Risiken. Unternehmen mit nachhaltigen Praktiken können laut RBI-Expertinnen von besseren Finanzierungskonditionen und langfristigem Kapitalzugang profitieren. Zudem gewinnen regulatorische Vorgaben an Bedeutung, sodass Biodiversitätsmanagement hilft, gesetzliche Anforderungen zu erfüllen und Strafen zu vermeiden. Eine konsequente Nachhaltigkeitsstrategie stärkt außerdem die Marktposition und verbessert das Unternehmensimage. Unternehmen, die sich aktiv für den Umweltschutz engagieren, erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines besseren öffentlichen Ansehens, ziehen Kunden an und fördern die Loyalität ihrer Mitarbeitenden.
Klima- und Biodiversitätsrisiken sind Fakten – unabhängig von der politischen Entwicklung.
Biodiversitätsimpuls – ein Anfang
Die Biodiversität im Wald umfasst nicht nur den Holzvorrat, sondern auch die Boden- und Wasserqualität. Für die Forst- und Holzindustrie sind neben einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung auch Kreislaufwirtschaft und Zertifizierungen entscheidend, um sogenannte „grüne Finanzierungen“ zu erhalten.
Bei der Kreislaufwirtschaft nannten die Expertinnen der RBI beispielsweise die Nutzung von recycelten Zellulosefasern oder die Erschließung von Altpapierquellen. Bei der Zertifizierung geht es nicht nur um die FSC- oder PEFC-Zertifizierung der Wälder selbst, sondern auch um den Einkauf und die Nutzung von Produkten aus diesen Wäldern.
In der Bau- und Immobilienbranche stehen die Oberflächenentsiegelung, die Begrünung von Dächern und Fassaden, eine reduzierte Beleuchtung in den Nachtstunden bei Industrieunternehmen im Mittelpunkt von Maßnahmen, die den Bereich Biodiversität direkt oder indirekt beeinflussen.
Forst und Agrarindustrie im Fokus
Es gibt vereinfacht zwei Finanzierungskonzepte: die direkte, klassisch „grüne“ oder „soziale“ Mittelverwendung und die KPI-Linked-Formate, bei denen die Nachhaltigkeitsperformance des Kreditnehmers berücksichtigt wird. Bei Letzterem beeinflusst das Erreichen beziehungsweise das Nichterreichen den Kreditzins. Die nachhaltige Anleihe des schwedischen Holzkonzerns Stora Enso ist ein Beispiel für ein grünes Mittelverwendungsformat. Biodiversität war ein Teil der Anleihe.
Die EU-Taxonomie, also die Kriterien für ökologisch und nachhaltig eingestufte wirtschaftliche Aktivitäten, gelte als der „Goldstandard“, so die ESG-Expertinnen der RBI. Sie basiert auf sechs Umweltzielen, von denen für die Forstwirtschaft insbesondere der Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme sowie die Anpassung an den Klimawandel und -schutz von Bedeutung sind. Taxonomiefähige Aktivitäten im Forstbereich umfassen Aufforstung, die Sanierung und Wiederherstellung von Wäldern – einschließlich Wiederaufforstung und natürlicher Waldverjüngung nach Extremereignissen –, Waldbewirtschaftung sowie konservierende Forstwirtschaft. Darüber hinaus listet die EU-Taxonomie Aktivitäten, die einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Biodiversität und Ökosysteme leisten können, wie den Erhalt und die Wiederherstellung von Lebensräumen, Ökosystemen und Arten.
Um die Nachhaltigkeitskriterien der EU-Taxonomie in der Waldbewirtschaftung zu erfüllen, müssen Waldbesitzer unter anderem einen mindestens 10 Jahre gültigen Waldbewirtschaftungsplan vorlegen. Weitere Kernkriterien sind eine Analyse des Klimanutzens der geplanten Maßnahmen, die Sicherstellung ihrer langfristigen Wirkung sowie eine externe Überprüfung durch autorisierte Zertifizierungsstellen erforderlich.