In der Kitayama-Region bei Kyoto ernten die Menschen das Holz der japanischen Zeder – zum Teil, ohne dabei Wurzeln und Stämme zu zerstören. Ein Baum lässt sich so viele Jahrhunderte nutzen. Auch die... Mehr lesen ...
Die letzten Reste der ehemals großflächigen Auwälder (Tugay forests) im Tigrovaya Balka State Nature Reserve nahe der afghanischen Grenze wurden 2023 in die Liste der UNESCO Natur-Welterbestätten eingeschrieben. © Hanns Kirchmeir
Tadschikistan ist das kleinste und ärmste der postsowjetischen zentralasiatischen Länder. Gleich zu Beginn der nationalen Identität wurde es von 1992 bis 1997 von einem Bürgerkrieg erschüttert und hat sich danach wirtschaftlich nur sehr langsam entwickelt. Die Sprache ist Persisch, geschrieben in kyrillischen Buchstaben. Russisch ist als zweite Amtssprache etabliert. Es gibt usbekische und kirgisische Bevölkerungsgruppen sowie im Pamir-Gebiet eine autonome Region mit schiitischen Ismailiten. Der überwiegende Teil der Bevölkerung bekennt sich zum sunnitischen Islam.
90% des Landes sind gebirgig, die höchsten Gipfel in der Pamir-Region erreichen fast 7.500 m. Weniger als 3% des Landes sind mit Wald bedeckt, wobei spärlich mit Sträuchern bewachsene Weideflächen noch ein weiteres Prozent ausmachen (FAO, 2020).
In der Hauptstadt Duschanbe wurden in den letzten Jahren riesige Boulevards mit monumentalen Palästen angelegt, während in den Dörfern die Lehmhütten unter lückigen Blechdächern verfallen. Der seit 1994 amtierende Präsident Emomalij Rahmon ist allgegenwärtig, sein Konterfei ist auf Hausfassaden, Plakaten und praktisch in jedem öffentlich zugänglichen Raum zu finden.
Lichte Waldbestände
Der Wald in Tadschikistan ist von unseren Vorstellungen eines Waldes oft recht weit entfernt. Es gibt viele lichte, von Weideflächen durchsetzte Bestände mit Bäumen, die durch Ziegen, Schafe und kleinwüchsige Kühe in eine strauchförmige Wuchsform gezwungen werden.
In den Tieflagen liegen die mittleren Jahresniederschläge zwischen 100 und 400 mm/J, die Temperaturen im Jahresmittel zwischen 10 und 20°C. Im Fan- Gebirge steigt der Niederschlag auf über 1.000 mm, die viel höher gelegene Pamir-Region ist dagegen extrem trocken.
In den südlichen Trockengebieten beschränken sich Waldflächen auf die Schotterebenen entlang der Flüsse, es stocken Auwälder mit Turanga-Pappeln und Tamarisken. In höheren Lagen findet man entlang der Flussläufe Silberpappeln, orientalische Platanen und unterschiedliche Weiden. Die Auwälder sind unter enormem Druck, denn in den Tallagen befinden sich die wenigen landwirtschaftlich nutzbaren Böden. Bis in die Gegenwart werden Auwälder für Getreideanbau (Reis, Weizen, Mais) oder Baumwollfelder gerodet.
Auf den savannenartigen niederen Gebirgszügen im Süden finden sich Pistazien-Mandel-Steppenwälder mit niedrigen Wuchshöhen von 2 bis 4 m und geringen Überschirmungsgraden. Weiter im Norden wachsen auf den steilen, trockenen Hängen laubwerfende Gebüsche und niedere Baumgruppen. Es finden sich Wildformen von Obstbäumen, Walnuss sowie Ahorn- und Ulmenarten, die je nach Wasserangebot 2 bis 10 m hoch werden. Ab 1.500 m Seehöhe findet man Bestände mit persischem Wacholder, gegen 3.000 m auch den sibirischen Wacholder, die Wuchshöhen sind aufgrund der Trockenheit auf 5 bis 10 m beschränkt.
Biodiversität und Wald
Die wichtigsten Schutzgüter in Tadschikistan umfassen seltene, endemische und gefährdete Arten wie den Schneeleoparden (Uncia uncia), das Marco-Polo-Schaf (Ovis ammon polii) und den Sibirischen Steinbock (Capra sibirica). Zahlreiche wertvolle Ökosysteme wie Hochgebirgswüsten, Gletscher, Steppen sowie die artenreichen Pistazien- und Wacholderwälder sind essenziell für den Erhalt der Biodiversität.
Der zentrale Pamir-Alay-Gebirgszug, der sich fast vollständig auf dem Gebiet Tadschikistans befindet, ist einer der weltweiten Hotspots der biologischen Vielfalt und beherbergt rund 4.300 Arten und 1.400 endemische Pflanzen, fast die Hälfte davon wird als bedroht eingestuft. So gut wie alle Waldökosysteme in Tadschikistan sind durch Überweidung und Brennholzentnahme bedroht. In den vergangenen 100 Jahren sind rund 50% der Wälder verschwunden, was zu massiver Bodenerosion und erhöhter Gefahr von Erdrutschen führt.
Weltbank-Ausschreibung für Forstinventur
Im Herbst 2023 hat die Weltbank eine Ausschreibung für die Durchführung einer Nationalen Forstinventur (NFI) in Tadschikistan veröffentlicht. Aufgrund bestehender Kontakte aus einem Vorprojekt wurde das österreichische Unternehmen Umweltdata von einer tadschikischen Vermessungsfirma als forstlicher Partner angefragt. Das gemeinsam ausgearbeitete Konzept zur Durchführung der NFI hat die Jury aus lokalen und internationalen Experten überzeugt. Nach endlosen, überwiegend inner-tadschikischen Verhandlungen kam es schließlich im September 2024 zur Vertragsunterzeichnung. Nun laufen die Vorbereitungen, die Inventurerhebungen können Anfang 2025 starten und sollen Ende 2026 abgeschlossen sein.
Eine Besonderheit an dem Projekt ist, dass zusätzlich zur NFI für acht der insgesamt 35 staatlichen Forstverwaltungen (Leskosen) ein forstlicher Managementplan gefordert ist. Aktuell gibt es für viele Gebiete in Tadschikistan nur 40 Jahre alte, aus der Sowjetzeit stammende Forstkarten und Bestandesbeschreibungen; neue Unterlagen werden dringend gebraucht. Während die Weltbank und die internationalen Gremien an belastbaren, nach den Regeln der Statistik erhobenen Daten interessiert sind, erwarten sich die Leskosen und örtlichen Forstbehörden vor allem aktuelle Forstkarten und Management-Pläne – eine herausfordernde Situation.
Laserscanning vom Rucksack und aus dem Weltall
Da in Tadschikistan bislang keine NFI existiert, bestand die einmalige Chance, beim Inventurdesign und der Methodenauswahl alle Möglichkeiten der modernen Fernerkundung gut aufeinander abgestimmt einzusetzen – ohne auf bestehende Inventurpunkte oder Aufnahmeverfahren Rücksicht nehmen zu müssen. Neben den bewährten satellitenbasierten Systemen wie Sentinel-2 werden in diesem Projekt auch die Daten des von der NASA betriebenen Weltraum-Laserscanners GEDI (https://gedi.umd.edu/) genutzt. GEDI sendet beim Überflug alle 60 m eine Reihe von Laserpulsen auf die Erdoberfläche, jeder einzelne Puls weist auf dem Boden einen Durchmesser von 25 m auf.
Auf diesen sogenannten GEDI-Footprints können durch Auswertung der Laserechos ziemlich genau die Vegetationshöhe, Bestandesdichte sowie die Biomasse ermittelt werden. In ganz Tadschikistan gibt es mehr als eine Million solcher Messpunkte, die zwischen 2019 und 2023 aufgenommen wurden. Platziert man nun die NFI-Erhebungspunkte exakt auf ausgewählte GEDI-Footprints, können die GEDI-Daten für unterschiedliche Waldtypen kalibriert werden und damit kann die Genauigkeit hinsichtlich des Vorrats deutlich gesteigert werden. Vorzugsweise erfolgt bei der terrestrischen Erhebung die Vermessung der Bäume mittels tragbarer Laserscanner.
In Tadschikistan gibt es so gut wie keine lokalen Inventurspezialisten. Bei den verkrüppelten Wuchsformen in extremem Gelände sind Fehlerquellen bei der Messung von Baumdurchmesser und Position vielfältig. Mit der bei uns üblichen Kluppschwelle von 8 cm kommt man nicht weit, es müssen kleinere Durchmesser erfasst werden. Hier spielt die Erhebung mittels tragbarer Scanner einen großen Trumpf aus: Die komplizierten Messmethoden werden durch Algorithmen ersetzt. Die Einschulung und Qualitätskontrolle sind bei diesem Aufnahmeverfahren vergleichsweise einfach.
Vorteile der Scanner-basierten Erhebungsmethode
Bei der Scanner-Aufnahme im Wald geht es vor allem darum, konsistente Punktwolken von den Probeflächen zu erfassen. Die Segmentierung und Vermessung der einzelnen Bäume erfolgen dann in einem zweiten Schritt im Rechenzentrum. Im Vergleich zu traditionellen Inventurmethoden können in kurzer Zeit deutlich größere Probekreise erhoben werden (etwa Radius 25 m). Die Anzahl der erhobenen Bäume erhöht sich auf ein Vielfaches und die statistische Streuung wird reduziert. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Erhebungspunkt ein zweites Mal im Gelände aufgesucht werden muss, sinkt deutlich – ein ganz entscheidender Vorteil in einem so unwegsamen Land.
Eine in Tadschikistan vehement eingeforderte Kenngröße ist das zu erwartende Erntevolumen an Früchten der Nuss- und Obstbäume. Hier bringen die Scanner-Daten einen weiteren Vorteil, denn sie erlauben eine exakte Berechnung der Kronenvolumina einzelner Bäume – ein guter Weiserwert für die Ernteerträge.
Da kaum vergleichbare NFI-Projekte bekannt sind, sorgt das Projekt für erhöhte Aufmerksamkeit im weltweiten Verband der mit NFI befassten Forschungsinstitute. Umweltdata geht, mit der Erfahrung aus Tausenden mit dem Scanner erhobenen Probeflächen, gut gerüstet in eine spannende Bewährungsprobe auf der internationalen Bühne.